Wien – "Der Kreis schließt sich", sagt Darth Vader im Ur-Krieg-der-Sterne-Film von 1977 beim Lichtschwert-Meeting mit seinem alten Meister Obi Wan. Das flimmernde Kampfgerät, das Saga-Schöpfer George Lucas dank seines kindlichen Faibles für Piratenfilme der 1950er-Jahre in die Welt gesetzt hatte, musste bei der damaligen Low-Budget-Produktion noch mit sich drehenden, Licht reflektierenden Stöcken illuminiert werden.

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Heldin Rey lernt von Jedi-Meister Luke, dass es zum richtigen Umgang mit der Macht mehr braucht als ein paar Unterweisungen im Lichtschwertkampf.
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40 Jahre und einige digitale Weltumdrehungen später kommt es – nicht immer zum ästhetischen Vorteil – aus dem Computer. Die inhaltlichen Kreise freilich, die schließen sich noch immer wie anno dazumal. Denn so ziemlich alles, was sich in der seit 2015 in Händen des Disney-Konzerns fortgesetzten Reihe findet, war 1977 schon angelegt: die Heldenreise, Varianten des Ödipus-Komplexes, ein grob der Historie entnommener Kampf zwischen faschistoiden und demokratisch-republikanischen Kräften, die Frage nach der weltlichen Macht ebenso wie die nach der geistlichen.

Die bisher erschienenen acht Filme der Star Wars-Reihe folgen einem Schema, das auf Tradition und Ritual beruht. Das wissen und wollen Freunde der Saga: Es muss den Lauftext, den einen Schwenk der Kamera, die Verfolgungsjagd, die witzigen Tierchen und grauslich entstellten Bösewichte geben. Es muss mit dem Blaster geballert und auf Teufel komm raus das Lichtschwert gekreuzt werden. Diese Repetitio, der von Millionen Gläubigen auf aller Welt eingeübte Ablauf, wird zu Recht nicht selten mit einer heiligen Messe verglichen, in der das "Der Friede sei mit dir!" durch ein "Möge die Macht mit dir sein!" ersetzt wird.

Rost statt Bit und Byte

Mit dem 2015 eine neue Trilogie vom Zaun brechenden Film Episode 7 – Das Erwachen der Macht hätte es, erstmals ohne viel Zutun von George Lucas, die Chance gegeben, neue Wege in der "weit, weit entfernten Galaxis" einzuschlagen. Doch der Druck kommerzieller Interessen und die Angst der Macher (Regie: J. J. Abrams), als Totengräber eines der größten Populärphänomene des 20. Jahrhunderts dazustehen, ließ sie jedes Risiko vermeiden.

Die Hereinnahme der gealterten Stars der "klassischen Trilogie", Mark Hamill (Luke Skywalker), Harrison Ford (Han Solo) und Carrie Fisher (Prinzessin Leia) war nicht viel mehr als Fan-interne Folklore und kommerzielle Rückversicherung gegen das Absaufen der Saga, wie es etwa Camerons Terminator- oder Spielbergs Jurassic Park-Reihe erleben mussten.

Star Wars

Immerhin optisch gelang Abrams etwas, das Fangemeinde wie Filmkritik zufriedenstellte: eine Abkehr von der von Lucas in der Nullerjahre-Trilogie (Episode 1–3) nach Bit und Byte durchgezogenen Überschwänglichkeit in der digitalen Tricktechnik. Heute präsentiert sich Star Wars als bekömmliche Mischung, in der jeder noch verbliebenen Sünde der Computerabteilung ein analoges Gegenmittel in Form von Rost, Dreck oder guten alten Puppen aus Gummi beigemengt wird.

Auch der neue, jetzt in den Kinos anlaufende Film Episode 8 – Die letzten Jedi bleibt dieser Optik im Wesentlichen treu. Die wenigen volldigital generierten Viecherln kichern oder raunzen denn auch fast pflichtschuldig in die Kamera, ganz so, als wüssten sie selbst, dass sie ihre Existenz der unendlichen Ausdehnung des Merchandise-Universums verdanken, nicht aber der Handlung.

Zotteliger Jedi-Eremit

Diese, so viel darf verraten sein, kommt doch um einiges überraschender daher, als man nach dem Vorgängerfilm erwarten durfte. Die galaktische Republik präsentiert sich weiter ohne viel Erläuterung als krisengebeutelter "failed state", der von der faschistischen, von Dunkelheit überwältigten Ersten Ordnung bedrängt wird. Ihr gegenüber steht ein republikanischer Widerstand, geführt von vornehmlich weiblicher Generalität, an deren Spitze Leia Organa schaltet und waltet. Zum letzten Mal in ihrer Lebensrolle zu sehen ist die im Dezember des Vorjahres tragisch verstorbene Carrie Fisher. Mark Hamill gibt als zweifelnder und zotteliger Jedi-Eremit Luke Skywalker eine überzeugende Vorstellung.

Säkularisierung der Macht?

Zu ihm auf die einsame Insel stößt die junge Heldin Rey (Daisy Ridley), die Lektionen des Meisters in den Künsten der Macht einfordert. Bis hierher folgt Die letzten Jedi recht deutlich dem Handlungsmuster des zweiten Teils der klassischen Trilogie – Das Imperium schlägt zurück (1980). Denn wie einst Meister Yoda bei Luke, zeigt dieser nun auch Rey bockig die kalte Schulter.

Doch dann kommen unerwartete Einblicke in die Verfasstheit der ominösen Macht ans Licht. "The force does not belong to the Jedi", gibt Luke zu bedenken, der mit der "Religion", als welche sie diesmal unumwunden bezeichnet wird, so seine Probleme hat. Spätestens jetzt fragt man sich, ob hier die Säkularisierung des Star Wars-Epos seinen Anfang nimmt.

Und tatsächlich zieht sich die Kritik an dem Konzept der Macht, die sich nicht und nicht beherrschen lassen will, am Ende als wichtigster Faden durch den auf 150 Minuten aufgeblähten Film.

Den Zweiflern auf der "hellen", der "guten" Seite, die an einem Vorfall wie in der biblischen Erzählung von der Beinahe-Opferung Isaaks emotional zu knabbern haben, steht ein dunkler Kylo Ren (Adam Driver) gegenüber, dessen Psychoknacks von mehrfachen väterlichen Kränkungen herrührt. Für sein Verstecken hinter einer Maske erntet er, anders als Darth Vader, überhaupt nur Spott.

Die auch als Selbstironie zu deutende Szene reiht sich ein in ein ganzes Potpourri solcher Momente. So wird vom Jedi-Meister himself etwa eine übergroße Weltraummilchkuh gemolken – ein Bild, das sich sehr schön auf die Verwertungsmaschinerie selbst zurückwerfen lässt.

Wie schon bei Das Imperium schlägt zurück mit Irvin Kershner war nun auch für Die letzten Jedi ein Regisseur am Werk, der den sehr einfach gestrickten Trilogieauftakt mit einer komplexeren Arbeit fortsetzen will. Rian Johnson ist am Blockbusterfirmament ein neues Gestirn, das der Star Wars-Reihe auch in Zukunft guttun könnte. Für eine geplante weitere Trilogie wurde er bereits jetzt als Stammregisseur gebucht.

Dass man sich vom Vater-Mutter-Tochter-Sohn-Problem der Großfamilie Skywalker dann langsam trennen will, gilt als ausgemacht. Schließlich überprüft auch die katholische Kirche alle 100 Jahre ihre Glaubensinhalte. (Stefan Weiss, 14.12.2017)