Madrid/Wien – Der Gedanke an Steven Spielbergs Kassenschlager "Jurassic Park" aus den 1990er-Jahren lässt sich angesichts dieser Entdeckung nur schwer unterdrücken: Forscher präsentieren im Fachblatt "Nature Communications" den Fund mehrerer Zecken, die sich einst an Dinosaurierblut gelabt haben dürften, ehe sie vor 99 Millionen Jahren in Bernstein eingeschlossen wurden und auf diese Weise erhalten blieben.

In diesen 99 Millionen Jahre alten Bernsteinklumpen fanden Forscher mehrere Zecken.
Foto: Peñalver et al.

Einer dieser kreidezeitlichen Blutsauger wurde beinahe in flagranti im Harz konserviert: Er umklammert noch die ebenfalls eingeschlossene Feder eines gefiederten Dinosauriers. In weiteren Bernsteinklumpen sind eine mit Blut vollgesogene Zecke sowie zwei weitere Zecken enthalten, die Spuren eines möglichen Dinosauriernests aufweisen.

Zecke samt Dinosaurierfeder im fossilen Harz.
Foto: Peñalver et al.

Kein Dinopark in Sicht

Doch eines vorweg: Anders als im Film wird sich damit keine Wiederauferstehung der Dinosaurier machen lassen. Dass verwertbare DNA nach Jahrmillionen aus Blutresten in Bernstein extrahiert werden kann, gilt als ausgeschlossen. Nichtsdestoweniger sind die aktuellen Bernsteinfunde aus Myanmar das, was Ricardo Pérez-de la Fuente von der Universität Oxford, Koautor der Studie, den "Traum eines Paläontologen" nennt: ein extrem seltenes Fenster in die Vergangenheit.

Dass es vor knapp 100 Millionen Jahren schon Zecken gab, war bereits aus einigen wenigen fossilen Zeckenfunden bekannt. Die aktuelle Studie legt aber erstmals konkrete Hinweise dafür vor, dass diese Spinnentiere tatsächlich Dinosaurierblut saugten. Die Feder, die das Exemplar der ausgestorbenen Schildzecke Cornupalpatum burmanicum umklammert, ist ein absoluter Glücksfall, sagt Pérez-de la Fuente.

Alles deute darauf hin, dass der Parasit mitsamt der Feder von seinem Wirt zu Boden fiel und binnen kurzem im Harz landete: "Wir können zwar nicht mit Sicherheit sagen, an welcher Dinosaurierart diese Zecke saugte, aber das Alter des Bernsteins belegt, dass die Feder von keinem modernen Vogel stammen kann."

Draculas Zecke

Laut Studienerstautor Enrique Peñalver vom Museo Geominero in Madrid handelt sich vermutlich um einen Raubsaurier aus der Gruppe der Theropoda – ob bodenlebend oder flugfähig, lässt sich aus dem Fossil aber nicht schließen. Indirekte Hinweise auf die Wirte kreidezeitlicher Zecken liefern aber auch die anderen Funde: Auf zwei Exemplaren einer bisher unbekannten und nun mit dem klingenden Namen Deinocroton draculi ("Draculas schreckliche Zecke") bedachten Zeckenart fanden sich feine Härchen eines anderen Parasiten, nämlich eines Käfers, der als Bewohner von Dinosauriernestern gilt.

Zwei Exemplare der neu entdeckten Zeckenart Deinocroton draculi.
Foto: Peñalver et al.

Seine modernen Verwandten befallen Vogelnester und ernähren sich im Larvenstadium von Hautschuppen und Federn. Und dann gibt es noch eine weitere "Dracula-Zecke", die nach einer üppigen Mahlzeit ins Harz geriet: Sie ist so vollgesogen, dass ihr Umfang auf die achtfache Größe angewachsen ist.

Diese Zecke wurde nicht vollständig in Bernstein eingeschlossen, weshalb sich die Zusammensetzung des Bluts nicht mehr bestimmen lässt, so die Forscher. Von welchem Wirt auch immer es stammte, wir stehen im Frühjahr wieder gewissermaßen in seinen Fußstapfen – hoffentlich geimpft. (David Rennert, 13.12.2017)