Nikola Bilyk ist aus dem Star-Ensemble in Kiel nicht mehr wegzudenken.

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Handball ist ein harter Sport.

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Kiel/Wien – "Handball in Kiel? Das ist wie wenn du Fußball bei Real Madrid oder Barcelona spielst", sagt Nikola Bilyk. Verlockend. Aber mit einer Kehrseite: "Die Erwartungshaltung ist brutal hoch. Man muss mit der richtigen Einstellung hierherkommen."

Zu Beginn dieser Saison konnte der THW die Erwartungen ganz und gar nicht erfüllen. Der Klub legte den schlechtesten Saisonstart seit 15 Jahren hin, nach 14 Runden lag man in der Bundesliga nur auf Platz acht. Mittlerweile haben sich die Kieler gefangen, dank fünf Siegen in Folge beenden sie das Jahr auf dem fünften Tabellenplatz, fünf Punkte fehlen auf den Spitzenreiter, die Rhein-Neckar Löwen. Nikola Bilyk war zuletzt in Trefferlaune. Davor musste der 21-jährige Wiener wegen einer Knöchelverletzung zwei Wochen pausieren. Sein Trainer, der Isländer Alfred Gislason, preist ihn als größtes Talent im Welthandball. "Ich muss den nächsten Schritt machen, ein kompletter Spieler werden. Dafür muss ich in der Verteidigung besser werden", sagt Bilyk dem STANDARD.

"Fressmaschine"

Es ist Bilyks zweite Saison in Kiel, seine Mitspieler haben ihm den Spitznamen "Fressmaschine" gegeben, weil er alles aufisst, was die Teamkollegen beim Essen übriglassen. Vor seinem Wechsel von Margareten nach Kiel wog der 1,98 Meter große Bilyk 96 Kilogramm. Mittlerweile sind es 103 Kilogramm. Sein Betreuerstab würde ihn gern noch schwerer sehen. "Masse allein hilft dir aber im Handball nicht, du brauchst schnelle Beine und vor allem einen starken Kopf."

Was der FC Bayern im Fußball ist, ist THW Kiel im Handball. 20 Meistertitel, zehn Pokalsiege, drei Champions-League-Erfolge. Vergangene Saison wurde mit dem Pokalsieg nur ein Titel geholt. Viel zu wenig für den THW, der mit knapp zehn Millionen Euro über den höchsten Etat im deutschen Handball verfügt. Die Sparkassenarena ist mit 10.000 Zuschauern pro Spiel dauerausverkauft.

Bilyk wird auf Kiels Straßen erkannt. In der aktuellen Saison hält er nach 19 Runden (Bilyk spielte 17-mal) bei 59 Toren und einer respektablen Wurfquote von knapp 65 Prozent. "Es gab viele Zweifler, die mir diesen Schritt nicht zugetraut hatten. Sie geben mir noch mehr Motivation, mich durchzusetzen." Bilyk wurde in Tunesien geboren, wo sein Vater Sergiy, ehemaliger ukrainischer Teamtorhüter, unter Vertrag stand. 1999 wechselte Sergiy zu den Fivers Margareten nach Wien, da war Nikola knapp drei Jahre alt. Mit Sergiy spielte Nikola ab 2012 noch drei Jahre im gleichen Team, bevor er nach Deutschland wechselte. "Das war etwas Besonderes."

Hart

Handball ist ein harter Sport, Bodychecks, am Leiberl reißen, in den Wurfarm greifen stehen quasi auf der Tagesordnung. Für Bilyk ist es "nach Rugby der brutalste Mannschaftssport. Man muss äußerlich schon ein harter Hund sein. Im Spiel selbst spürt man die Schmerzen aufgrund des Adrenalins eh nicht. Aber der Tag nach einem Spiel kann schlimm sein."

2018 soll der THW ein neues Trainingszentrum bekommen, der Komfort für die Spieler steigen. Auch weil die Strapazen einer langen Saison enorm sind. Wegen Einsätzen in Liga, Cup und Champions League wird in manchen Wochen dreimal gespielt. Dazu kommt die Handball-EM von 12. bis 28. Jänner in Kroatien. Österreich trifft in der Vorrunde auf Weltmeister Frankreich, Vizeweltmeister Norwegen und Weißrussland.

Weit weniger gut lief es bis dato für den zweiten Österreicher in Kiel. Wegen eines Innenbandrisses im Knie konnte Raul Santos vergangene Saison erst verspätet ins Training einsteigen. Nach 42 Spielen, in denen er fast immer dem deutschen Team-Linksaußen Rune Dahmke den Vortritt lassen musste, gab es die nächste Hiobsbotschaft: Entfernung des Außenmeniskus und Knorpelschaden. Der 25-Jährige hat seit Mai kein Spiel bestritten, ein EM-Einsatz ist mehr als fraglich. (Florian Vetter, 29.12.2017)