Um Medizinabsolventen im Land zu halten, soll es künftig Studiengebühren samt Steuerbonus für alle geben.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien – Studierende werden künftig wohl wieder zur Kasse gebeten. Die Verhandler von ÖVP und FPÖ haben sich dem Vernehmen nach auf allgemeine Studiengebühren geeinigt. "Ja, darauf wird es hinauslaufen", heißt es aus türkis-blauen Kreisen zum STANDARD. Jedoch sollen, darauf legt man Wert, die Gebühren "in einer anderen Art, als es sie derzeit gibt", kommen. Im Raum steht, dass sie ab dem dritten Semester fällig werden, also nachdem die Studierenden ihre Studieneingangs- und Orientierungsphase abgeschlossen haben.

Deutsche in Österreich halten

Gemeint ist mit diesem "anders" jedoch nicht nur der Zeitpunkt, wann die Gebühren fällig werden, sondern auch die Intention der Wiedereinführung. Denn diesmal stehe nicht die Finanzierung der Hochschulen im Vordergrund, sondern das Ziel, Studierende nach ihrem Abschluss im Land zu halten – und zwar durch einen Steuerbonus, heißt es. Über diesen sollen – so die Information aus Verhandlerkreisen – die Gebühren beim Steuerausgleich von Akademikern sozusagen wieder zurückgeholt werden können.

Vor dem Parlament versammelten sich am Donnerstag Menschen, um gegen die Wiedereinführung der Studiengebühren zu demonstrieren.
DER STANDARD

Genau genommen geht es den Verhandlern um die Medizinabsolventen. "Die deutschen Studenten, die nach Österreich kommen, um Medizin zu studieren, und die nach ihrem Abschluss wieder in ihre Heimat zurückgehen, sollen im Land gehalten werden", so die Absicht. Die Aussicht auf eine Steuerbegünstigung soll vor allem Jungärzte in Österreich halten. Damit reagieren die Verhandler auf eine Planung des Gesundheitsministeriums und der Österreichischen Ärztekammer. Diese hatte einen sich "aufgrund absehbarer Pensionierungen ergebenden Ärztefehlbedarf von rund 2.800 Stellen ab 2024/2025 bis zum Jahr 2030" prognostiziert. Erst vor kurzem hatte daher das Wissenschaftsministerium die Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) mit neun Millionen Euro für die Schaffung weiterer 25 Studienplätze pro Jahr finanziert.

Etwa 500 Euro Gebühren

Auch die Höhe der Gebühren, über die es offenbar noch keine Einigung gegeben hat, wird sich ändern. Da diesmal die Finanzierung der Universitäten nicht im Vordergrund der Gebühreneinführung steht, gehe es auch "nicht um die Höhe", heißt es aus Verhandlerkreisen. Aber: "500 Euro sind jetzt nicht völlig absurd, etwa in diesem Rahmen wird es sich abspielen." Derzeit betragen die Gebühren für Langzeitstudenten und jene aus Nicht-EU-Ländern 363,36 bzw 726,72 Euro pro Semester.

Seit der Gebührenabschaffung für EU-Bürger, die in der Mindeststudiendauer plus zwei Toleranzsemester studieren, werden die Universitäten derzeit vom Wissenschaftsressort für die entgangenen Einnahmen entschädigt.

Kritik von ÖH und SPÖ

Die Hochschülerschaft erklärte auf Anfrage des STANDARD, weiterhin gegen Studiengebühren aufzutreten. Dass diese wiedereingeführt werden sollen, würde dem österreichischen Hochschulraum kein gutes Zeugnis ausstellen. Die ÖH kündigte im Zuge der Regierungsangelobung "breite Proteste" gegen die Maßnahmen der Regierung an.

Unterstützen will die Proteste auch die SPÖ, wie der geschäftsführende Klubobmann im Parlament Andreas Schieder per Aussendung mitteilte. "Damit wird eine Bildungshürde eingezogen, die besonders Kinder aus Arbeiterfamilien und jene, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren sind, von den Unis abhalten wird", so Schieder. Bei der ÖVP sei diese "soziale Selektion ja offenbar erwünscht – die FPÖ hat sich aber immer dagegen ausgesprochen und verrät jetzt die ArbeitnehmerInnen-Familien", kritisiert Schieder. (Oona Kroisleitner, 14.12.2017)