Im mobilen Labor von Checkit werden die Rauschmittel auf unerwünschte oder gefährliche Stoffe analysiert.

Foto: Bojan Ilic

Wien – 1997 hatte Checkit, eine Beratungsstelle der Suchthilfe Wien, den ersten Einsatz. Seither werden auf Partys Drogen auf ihre Inhaltsstoffe getestet. Wie das abläuft, sieht man Anfang Dezember in der Arena Wien. Mit einem Bus in der Größe eines Wohnmobils, in dem sich das mobile Labor befindet, reist das "Drug-checking Team" an. Um 23 Uhr ist die Tanzfläche noch leer, dennoch wurden schon 52 Proben abgegeben: "Oft warten Leute, schon während wir aufbauen, darauf, etwas abgeben zu können", erzählt Steve Müller, Leiter von Checkit, seit 2008 aktiv.

In einem Zelt, vor dem die Schlange über den Abend verteilt immer länger zu werden scheint, können anonym Proben abgegeben werden. Die Substanzen werden gewogen, gemessen und fotografiert, bevor einige Milligramm ins Labor gehen.

Schlafmangel und Mischkonsum als Risikofaktoren

Sebastian Tomek, Obmann des Vereins Forum Wien Arena, lädt Checkit bis zu fünfmal im Jahr ein. "Sie sind seit den Anfängen immer wieder in der Arena", sagt er. Es gehe ihm darum, Verantwortung zu übernehmen. Schlafmangel und vor allem Mischkonsum würden immer wieder zu medizinischen Notfällen führen. Dass Leute mit Drogen fortgehen "oder voll herkommen", könne man nicht verhindern.

Im Laborbus arbeiten vier Personen. Im vorderen Teil werden die Proben mit Ethanol angereichert, während hinten die Blicke der Chemiker zwischen drei Bildschirmen schweifen. Es ist ruhig, nur kurze Sätze wie "Uh, ein superreines" oder "Das ist ja Ketamin" werden hin und her geworfen. Steve Müller muss den Bus plötzlich verlassen und zum Infostand zurücklaufen, in der Hand hat er einen roten Zettel, eine Warnung: Jemand hat eine Speed-Probe abgegeben, in der jedoch Ketamin, ein schwer kontrollierbares halluzinogenes Betäubungsmittel, enthalten war.

Hochdosierte Pillen

Der Zettel kommt an die Ergebniswand neben Zelt und Infostand. Die meisten Zettel an der Wand sind weiß, das heißt, die Probe enthielt, was der Abgebende erwartet hatte, viele tragen jedoch die Aufschrift "Hochdosiert". Andere sind gelb, was bedeutet, dass eine andere Substanz enthalten ist, als der Konsument gedacht hat. Rote Zettel weisen auf gesundheitsschädigende Substanzen hin.

Während der Grad der Verunreinigung von Drogen um das Jahr 2009 herum besonders hoch war, sei er im Moment eher gering, sagt Müller. "Besonders riskant sind die Übergangsphasen, vor allem für Leute, die nur ein paar Mal im Jahr konsumieren", sagt Müller. "Wenn die Reinheit der Substanzen raufgeht, geht's darum, Überdosierungen zu vermeiden."

Im Jahr 2016 hätten über 20 Prozent der Pillen mit MDMA, dem eigentlichen Wirkstoff von Ecstasy, eine Dosis von mehr als 200 Milligramm gehabt. Für Männer ist eine Dosis von mehr als 1,5 Milligramm pro Körpergewicht jedoch gefährlich, für Frauen bereits ab 1,3 Milligramm, weshalb eine 65 Kilogramm schwere Frau nicht mehr als 85 Milligramm nehmen sollte. Das heißt, dass oft sogar die halbe Pille eine zu hohe Dosis hat.

Vorwarnung für Securitys

"Durch die Anwesenheit von Checkit können wir auf Veränderungen am Markt reagieren", sagt Sebastian Tomek. "Wenn wir wissen, dass Crystal Meth im Umlauf ist, können sich unsere Securitys gleich besser auf etwaige Eskalationssituationen einstellen." Nach jedem Einsatz erhalte die Arena einen Eventbericht und könne das Personal sensibilisieren: "Wenn gewisse Symptome auftreten, gibt's dann beispielsweise nur mehr Orangensaft für die Person."

Werden besonders gefährliche Substanzen gefunden, kommt es zu Großwarnungen. "Wir hängen Zettel am ganzen Event aus, und es kann sein, dass die Musik abgedreht wird und eine Durchsage gemacht werden muss", sagt Müller.

Die Gründung von Checkit geht auf einen einstimmigen Beschluss im Wiener Stadtrat zurück. "Damals war die elektronische Musikszene neu und die Unsicherheit, was dort passiert, groß", sagt Müller. Um weitere Beratung zu ermöglichen, gibt es seit 2007 die "Homebase". Der wie eine Bar eingerichtete Raum dient Beratungsgesprächen, und es werden Workshops über Risikoreduzierung für Schulklassen abgehalten. Der erste Besuch erfolgt laut Müller oft, nachdem die Leute von der Familie oder der Polizei erwischt worden seien. Doch auch Personen ohne Konsumerfahrung würden kommen und Fragen stellen.

Hauptsächlich kommen junge Männer

Der Großteil der Nutzer von Checkit ist um die 20 Jahre alt und männlich. "Frauen haben oft ein stärkeres soziales Netzwerk", meint Müller. Die Zielgruppe befinde sich in der Phase des Probierkonsums. "In Großstädten wie Wien ist es fast unmöglich, nicht mit illegalen Substanzen konfrontiert zu werden", so Müller. Die Positionierung dazu sei Teil der Identitätsfindung. "Checkit hilft jungen Menschen, mit den Risiken des Konsums umzugehen."

Für Legalisierung ist Steve Müller nicht: "Dann könnten alle Substanzen so vermarktet werden, wie es jetzt mit Alkohol geschieht." Doch junge Menschen sollten auch nicht kriminalisiert werden, das schrecke sie nur davon ab, sich Unterstützung zu holen.

Die Probenannahme in der Arena schließt in dieser Nacht um 5 Uhr – nach der Auswertung von 119 Proben. 16 Warnungen wurden ausgesprochen, in 42 Proben waren unerwartete Substanzen enthalten. (Anastasia Hammerschmied, 15.12.2017)