Walter Meischberger (li.) und Jörg Haider 1997 im Parlament.

Foto: Rudolf Semotan

Wien – Bevor am Freitag die Bombe platzte, als Exlobbyist Peter Hochegger ein Teilgeständnis ablegte und so Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Ernst Plech belastete, war Meischbergers Anwalt mit seinem Plädoyer dran.

Verteidiger Jörg Zarbl stellte den Prozess in einen Rahmen: Die Justiz habe ihn durch acht Jahre lange Ermittlungen zu einem "politischen Schauprozess stilisiert". Seinem Mandanten wird im Rahmen der Buwog-Privatisierung vorgeworfen, mit Grasser, Plech und Hochegger ("Viererbande", sagt die Staatsanwaltschaft) zusammen 9,6 Millionen Euro an Bestechungsgeldern eingestreift zu haben. "Meischberger ist unschuldig", sollte sein Verteidiger am Ende des Plädoyers dagegen sagen.

Kleine Bombe

Und auch er zündete in seiner Darstellung dessen, "was wirklich passiert ist", eine kleine Bombe. Denn eine der zentralen Fragen und Knackpunkte ist ja, woher Meischberger den Tipp bekommen hat, wie viel Höchstbieter CA Immo für die Buwog auf den Tisch legen würde. Nur ganz kurz zur Erinnerung: Es waren 960 Millionen Euro, in der zweiten Runde legte das Österreich-Konsortium dann eine Million drauf und machte so das Rennen.

In der Branche sei bekannt gewesen, wie viel die CA Immo biete, u. a. weil ihre Finanzierungszusage bekannt gewesen sei, lautete bislang die eher vage Erklärung. Die Verteidiger von Grasser und Co wollen das, wie berichtet, auch mit Zeugenaussagen belegen können.

Doch am Freitag ergab sich eine völlig neue Geschichte. Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider habe dem Ex-FPÖ-Nationalratsabgeordneten und Lobbyisten den Tipp gegeben. In einem Telefonat zum Thema habe Haider Meischberger von der 960-Millionen-Finanzierungszusage der CA Immo berichtet. Dieses Wissen sei dann von Meischberger via Hochegger ans Österreich-Konsortium gekommen.

Haider war mitentscheidend

Wie Haider ins Spiel kommt: Das Land unter Haider hatte sich 2002 (da war die Privatisierung der vier Bundeswohnungsgesellschaften schon beschlossen) per Vertrag mit dem Finanzministerium unter Grasser ein Vorkaufsrecht für die Villacher Eisenbahn-Siedlungsgesellschaft (ESG) gesichert. Der Landeschef war daher in den Privatisierungsprozess involviert. Haider sollte dann erst im allerletzten Moment entscheiden, das Vorkaufsrecht nicht in Anspruch zu nehmen.

Meischberger selbst hat sich zur Frage, woher er vom Angebot der CA Immo wusste, nicht geäußert, auch nicht im parlamentarischen U-Ausschuss. Der Vorwurf lautet ja, dass der zu Verschwiegenheit verpflichtete Minister seinem Freund Meischberger den Tipp gegeben habe. Was beide bestreiten.

Jörg Haider kann man bekanntermaßen nicht mehr befragen, er ist im Oktober 2008 bei einem Autounfall gestorben.

Vorwürfe bestreiten

Bestreiten wird Meischberger auch die anderen Vorwürfe aus der Anklage. Die drei Liechtenstein-Konten Natalie, Karin und 400.815 hätten immer ihm gehört, nie Plech und Grasser (was die Staatsanwaltschaft behauptet).

Meischbergers Verteidiger ging auch kurz auf das Verhältnis Haider/Meischberger ein. Die beiden seien vorübergehend zerkracht gewesen, nachdem Meischberger 1999 (wegen des FC-Tirol-Skandals) aus der FPÖ ausgeschlossen worden war. Damit will der Anwalt die Tatplan-Theorie aus der Schüssel-Haider-Ära aufweichen.

Über Ereignisse aus dieser Zeit machten sich die Freunde Meischberger und Plech, der lang als Financier der Haider-FPÖ galt, zu Beginn der Buwog-Ermittlungen Sorgen. Sie unterhielten sich 2010 über "Porr-Geschichten", möglicherweise würden bei den Ermittlungen aber auch "Haidereien in deinem Tresor" Thema werden, meinte Meischberger zu Plech.

Steuersorge wegen FPÖ-Geld

Eine Rolle spielte bei diesem Gespräch auch ein Erste-Bank-Sparbuch mit zwei Millionen Schilling, das Meischberger nach seinem Rücktritt als FPÖ-Abgeordneter bekommen hatte. Wegen dieses Rücktritts hatte er knapp seinen Anspruch auf eine Abgeordnetenpension verwirkt, die zwei Millionen sollten ihn offenbar dafür entschädigen.

Aus dem Telefonat erschließt sich, dass sich Meischberger Sorgen wegen der (Nicht-)Versteuerung der Summe machte. Man kam überein, dass der Lobbyist allenfalls sagen werde, dass "Haider das Geld für den Fall, dass er wieder ins Parlament kommen sollte, zurückhaben wollte" – dass Meischberger das Geld also "nur als Pfand" gehabt habe. Die Sache sei "steuerlich heikel, aber verjährt", kam man überein. (Renate Graber, 15.12.2017)