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HipHop-Produzent unter Verdacht: Russell Simmons.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/MICHAEL LOC

New York – Der US-amerikanische Hip-Hop-Produzent Russell Simmons wird von vier Frauen beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. Alle standen in beruflichen Abhängigkeitsverhältnissen zu dem heute 60-Jährigen, alle haben lange geschwiegen, weil sie existenzielle und berufliche Nachteile befürchtet haben, alle leiden bis heute an den Folgen.

Ermutigt von den Berichten anderer Frauen im Zuge des Bekanntwerdens der sexuellen Übergriffe des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein beschlossen sie, nicht länger zu schweigen. Es sind die jüngsten Anschuldigungen, mit denen sich Simmons konfrontiert sieht. Seit November haben sich neun Frauen gemeldet, die Simmons bis 2014 sexuell belästigt oder vergewaltigt haben soll. Die erste Vergewaltigung soll 1983 stattgefunden haben und die frühere Rapperin Sherri Hines betreffen.

30.000 Dollar bezahlt, um eine Anklage zu vermeiden

In der New York Times erzählten drei der Frauen ihre Geschichten. Drew Dixon war eine Talentsucherin, Tina Baker war Musikerin, Toni Sallie Journalistin und später Mitarbeiterin von Warner Music. Russell Simmons soll sie vergewaltigt haben, er bestreitet die Vorwürfe, wenngleich es belegt ist, dass er Drew Dixon 1997 außergerichtlich 30.000 Dollar bezahlt hat, um eine Anklage zu vermeiden.

Der frühere Partyveranstalter war einer der Ersten, der die Vermarktbarkeit der Hip-Hop-Kultur erkannt hatte. Der aus gutbürgerlichem Haus stammende New Yorker gründete 1983 mit Rick Rubin das Label Def Jam, das Acts wie Run-DMC, Beastie Boys, LL Cool J oder Public Enemy berühmt machte. Zudem produzierte Simmons Filme und TV-Shows und verkaufte als einer der Ersten Hip-Hop-Mode. 1996 überschrieb er seinen Anteil an Def Jam für 120 Millionen Dollar der Universal Music Group.

Klischee und echtes Leben

Mit wenigen Ausnahmen ist das Rollenbild der Frau im Hip-Hop von einem extremen Machismus geprägt. Die Grenzen zwischen dem Image der Hip-Hop-Kultur und dem Habitus im richtigen Leben galten und gelten stets als fließend, der Begriff "Street-Credibility" versteht sich sogar ausdrücklich als Authentizitäts- und Qualitätsmerkmal – meist von einem männlichen Standpunkt aus betrachtet. Die Verherrlichung des Gangster-Typus, der ein gesetzloses Leben zum Zwecke einer kapitalistischen Selbstoptimierung führt, durchzieht tausende Hip-Hop-Stücke.

Simmons eigene Vita passt zwar kaum in dieses Klischee, dennoch spielte er 30 Jahre lang eine wesentliche Rolle im Geschäft, galt als jemand, der Karrieren ermöglichen und verhindern konnte. Nach ersten Anschuldigungen hat er die Führung seiner Geschäfte im November zurückgelegt. Der vegan lebende Vater zweier Töchter verweist auf sein vielfältiges soziales Engagement. Er ist für die Ehe für alle, tritt für Schwulenrechte ein und war einst mit Donald Trump befreundet. Als dieser 2015 ein Einreiseverbot für Muslime forderte, kündigte er ihm jedoch die Freundschaft auf. (Karl Fluch, 17.12.2017)