Mit Wolfgang Sobotka (ÖVP) steigt protokollarisch ein aufbrausender Machtpolitiker ins zweithöchste Amt der Republik auf.

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Weil der Zweite Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) Infrastrukturminister wird, rückt die "brave Österreicherin" Anneliese Kitzmüller im Parlament auf.

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Johann Gudenus (FPÖ) durfte wegen Bedenken des Bundespräsidenten nicht Innenminister werden, jetzt kommt er im Parlament zu Amt und Würden – als blauer Klubchef.

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Gudenus' zweite Hälfte, Walter Rosenkranz (FPÖ), soll sich als geschäftsführender Klubobmann um die Alltagsarbeit kümmern.

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Die Volkspartei setzt mit dem Oberösterreicher August Wöginger als neuem Klubchef ebenfalls auf eine bewährte Kraft.

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Sein Schicksal blieb bis zum Abschluss des Koalitionspakts offen: Wolfgang Sobotka, 61, streitbarer Innenminister und langjähriger Landesrat in Niederösterreich, konnte nicht in seine Heimat zurückverschoben werden. Denn dort regiert längst seine Langzeitkonkurrentin Johanna Mikl-Leitner. Also wurde der leidenschaftliche Hobbygärtner Sobotka zur heißen Kartoffel für die ÖVP. Nun steht fest: Der bisherige Mann fürs Grobe wird als Erster Nationalratspräsident an die Spitze des Parlaments verpflanzt.

Denn Elisabeth Köstinger, Kurz-Vertraute, Kurzzeitgeneralsekretärin und Langzeit-EU-Mandatarin, wechselt nach nur wenigen Wochen im Job als Nachhaltigkeitsministerin in die Regierung.

Mit Sobotka steigt protokollarisch kein verbindender Typ, sondern ein aufbrausender und ungeduldiger Machtpolitiker ins zweithöchste Amt der Republik auf. Während der rot-schwarzen Koalition galt er als Störenfried, der sich Anfang des Jahres weigerte, den Pakt für ein adaptiertes Regierungsübereinkommen zu unterzeichnen. Als Innenminister bleiben von ihm die Verschärfung des Demonstrationsrechts und sein ständiges Begehren nach noch mehr Überwachung.

Kitzmüller als brave rechte Bürgerin

Auch bei der FPÖ führt die Regierungsbildung zu einer Neuaufstellung im Parlament – und es scheint fast so, als würden dort nun jenen ihrer Rechts-außen-Politiker Ämter und Würden verliehen, die Bundespräsident Alexander Van der Bellen wohl kaum als Regierungsmitglieder angelobt hätte. Denn auf den Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer, der als Infrastrukturminister übernimmt, folgt Anneliese Kitzmüller. Offiziell soll das Personalpaket am Dienstag vom blauen Nationalratsklub abgesegnet werden, doch Kitzmüller lässt jetzt schon wissen: "Dort wo man mich hinstellt als brave Bürgerin Österreichs, das mache ich gern."

Seit der Jahrtausendwende hat die Gemeinderätin im oberösterreichischen Kirchschlag auch in der Bundesparteileitung ein Wörtchen mitzureden. Zuletzt saß die Mandatarin für die FPÖ im Koalitionsverhandlungsteam. Ansonsten ist die "brave Österreicherin" bisher vor allem mit äußerst rechter Gesinnung und homophoben Positionen aufgefallen.

Kitzmüller ist stolzes Mitglied der Mädelschaft Sigrid zu Wien und Vizeobfrau bei der Akademischen Mädelschaft Iduna zu Linz. Dazu sitzt die 58-Jährige im Vorstand des Verbandes der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften. Dass homosexuelle Paare nach einem Urteil des Höchstgerichts auch Kinder adoptieren können, erachtete die einstige Jusstudentin, die ihr Studium nicht abgeschlossen hat, als "ungeeignet für die Psyche der Kinder".

Gudenus als Scharfmacher

Parallel dazu steigt Johann Gudenus als neues Gesicht der blauen Fraktion im Nationalrat zum Klubchef auf, als geschäftsführender Klubobmann wird ihm Walter Rosenkranz für die Alltagsarbeit zur Seite gestellt – weil sich Heinz-Christian Strache ab sofort der Vizekanzlerei, dem Sport und den Beamten widmet.

Als gesichert gilt, dass das Staatsoberhaupt eine Angelobung von Gudenus verweigert hätte – und das mit gutem Grund. Denn der bisherige Wiener Vizebürgermeister, Jahrgang 1976 und Mitglied der Burschenschaft Vandalia, vergriff sich schon in jungen Jahren oft im Ton. Als Obmann des Rings Freiheitlicher Jugend forderte Gudenus angesichts der steigenden Neueinbürgerungen per Aussendung: "Systematischer Umvolkung sofort ein Ende setzen!!" – ein eindeutiger Begriff der NS-Diktion.

Auch Gudenus hat Homosexuellenfeindlichkeit mit im Programm – solche Beziehungen hätten "für die Gesellschaft keinen Wert", befand er einmal. Später, schon als Straches Vize, stellte er für "Asylbetrüger" in Aussicht, dass ein Kanzler Strache den "Knüppel aus dem Sack" lasse. Und auch Gudenus' Umtriebe in Russland dürften dem Bundespräsidenten missfallen haben. Nach Wladimir Putins Annexion der Krim fungierte der Wiener, der in Moskau studiert hat, als "Beobachter" des von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannten Referendums auf der Halbinsel. Sein Fazit: Diese Wahlen hätten ihm besser gefallen als jene im Europaparlament.

Rosenkranz und Wöginger als Sacharbeiter

Dagegen macht sich Gudenus' andere blaue Hälfte freundlich aus: Denn Rosenkranz, Jahrgang 1962, Anwalt und Mitglied bei der deutschnationalen Libertas, gilt als versierter Sacharbeiter im Parlament – in Sachen Bildung genauso wie etwa bei der inneren Sicherheit.

Die Volkspartei setzt mit dem Oberösterreicher August Wöginger als neuem Klubchef ebenfalls auf eine bewährte Kraft. Bereits am Wochenende wurde der 43-jährige ÖAABler, bisher Sozialsprecher, in der Funktion vom Parteivorstand bestätigt.

Auch für die Bundeshauptstadt hat die neue Rollenverteilung Konsequenzen: Nach Gudenus' Abgang im Rathaus muss Maximilian Krauss seinen Platz im Nationalrat räumen, er geht zurück nach Wien. Dort übernimmt FPÖ-Mann Dominik Nepp als Vizebürgermeister, Klubchef im Landtag wird Stadtrat Anton Mahdalik. (Karin Riss, Nina Weißensteiner, 18.12.2017)