Lima – Der größte Korruptionsskandal in der Geschichte Südamerikas dürfte diese Woche sein nächstes politisches Opfer fordern. Der peruanische Präsident Pedro Pablo Kuczynski muss sich am Donnerstag im Parlament einer Abstimmung über seine Absetzung stellen. Die Opposition, die über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, hat das Verfahren angesetzt und nun sein Schicksal in der Hand. Beobachter gehen davon aus, dass das Land noch vor Weihnachten einen neuen Präsidenten haben wird.

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Perus Präsident Kuczynski bei seiner Rede an die Nation.
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Vergangene Woche wurden Dokumente öffentlich, wonach Kuczynski von der liberalen Partei Peruanos Por el Kambio in seiner Zeit als Minister und Premier vor mehr als zehn Jahren Geld von dem brasilianischen Baukonzern Odebrecht erhalten hat. Das Unternehmen steht im Zentrum eines Korruptionsskandals, der seit dem Vorjahr fast ganz Südamerika erschüttert. Der Unternehmenschef wurde zu 19 Jahren Haft verurteilt und gestand, fast 800 Millionen Dollar an Bestechungsgeldern ausbezahlt zu haben.

Erst vergangene Woche wurde Jorge Glas, der ehemalige Präsident Ecuadors, wegen seiner Rolle in dem Korruptionsskandal zu sechs Jahren Haft verurteilt. Auch gegen den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro wurden kürzlich Vorwürfe laut.

"Ein ehrlicher Mann"

Perus Präsident Kuczynski hatte lange behauptet, nie Kontakte mit Odebrecht unterhalten zu haben, sie nun aber zugegeben. Korruptionsvorwürfe weist der 79-Jährige weiterhin zurück. "Ich bin und war mein ganzes Leben ein ehrlicher Mann", sagte er in einer Rede an die Nation. Sprecher der Firma Odebrecht verteidigten den Präsidenten, die Geschäfte seien allesamt legal gewesen.

Das Vertrauen der Bevölkerung in Kuczynski ist jedenfalls massiv erschüttert. 75 Prozent der Peruaner sprechen sich laut den Meinungsforschern von Ipsos Perú gegen ihn aus.

Geld an zwei Unternehmen

Konkret geht es um Geschäfte zweier Firmen. So hat der in Princeton und Oxford ausgebildete Ex-Wall-Street-Banker über seine eigene Beratungsfirma Westfield Capital knapp 800.000 Dollar von Odebrecht erhalten. Das Verrechnen von Beratungsleistungen, die nie stattgefunden haben, war typisch für das Korruptionsnetzwerk. Noch wird gegen den Präsidenten aber nicht ermittelt, er besitzt kraft seines Amtes Immunität.

Eine Korruptionsaffäre um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht erschüttert Südamerika.
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An eine zweite Firma, First Capital, wurden bis 2013 mehrere Millionen Dollar überwiesen. Sie gehört einem Vertrauensmann von Kuczynski, auch er selbst hat zwischenzeitlich für das Unternehmen gearbeitet.

Scharfe Kritik

"PPK ist moralisch unfähig, das Land weiterhin zu führen", schrieb Daniel Salaverry, ein Sprecher der mit Abstand stärksten Oppositionspartei Fuerza Popular, auf Twitter. Seine Parteifreundin Lourdes Alcorta sprach von einer "nationalen Schande".

In seiner Rede sagte Kuczynski: "Ich werde meine Ehre, meine Werte und meine Verantwortung als Präsident aller Peruaner nicht aufgeben." Das erwarte er auch von der Opposition, der er wenige Tage später einen Anschlag auf die demokratische Ordnung vorwarf.

Tiefer Korruptionssumpf

Die peruanische Politik ist durch massive Korruption geprägt, die Demokratie gilt mittlerweile aber als gefestigt. Bis 2000 hat Alberto Fujimori das Land autoritär geführt. Er sitzt wegen des Einsatzes von Todesschwadronen und Korruption für 25 Jahre im Gefängnis. Für seinen Nachfolger Alejandro Toledo gilt wegen dessen Verstrickung in den Odebrecht-Skandal ein internationaler Haftbefehl.

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Könnte bald neuer Präsident Perus sein: Martín Vizcarra.
Foto: reuters / pardo

Kuczynski war unter Toledo zuerst Wirtschafts- und dann Premierminister. Es sind Geldflüsse aus dieser Zeit, die dem jetzigen Präsidenten auf den Kopf zu fallen drohen. Sollte er abgesetzt werden, folgt ihm der Vizepräsident und derzeitige Botschafter in Kanada, Martín Vizcarra, nach. Neuwahlen sind nicht zwingend nötig. Die Opposition hat signalisiert, Vizcarra akzeptieren zu wollen.

Rückgang der Armut

Der wichtigste Börsenindex, Peru Select, ist nach dem Aufkommen der Vorwürfe gegen Kuczynski um 3,5 Prozent eingebrochen, so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr. Die Economist Intelligence Unit, eine Denkfabrik, rechnet wegen der politischen Instabilität mit einem schwächeren wirtschaftlichen Wachstum.

Die Ökonomie des Andenstaats ist aufstrebend, die Armut in den vergangenen zehn Jahren um die Hälfte gesunken. Peru bleibt aber eines der ärmsten Länder des Kontinents. (Andreas Sator aus Lima, 21.12.2017)