Bremen – Armut bzw. Wohlstand sind die zwei wichtigsten Kräfte, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Asien steuern. Das haben nun Wissenschafter um Klaus Boehnke von der Jacobs University in Bremen und Jan Delhey von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg herausgefunden. Unter den 22 untersuchten Ländern Süd-, Südost und Ostasiens ist der Zusammenhalt in Hongkong und Singapur am stärksten, gefolgt von Thailand und Bhutan.

Basierend auf Daten aus dem Zeitraum von 2004 bis 2015 entwickelten die Forscher einen Index, der neben dem Grad des Zusammenhalts die zeitliche Entwicklung darstellt sowie Stärken und Schwächen im Zusammenhaltsprofil aufzeigt. Die Datenanalyse zeigt, dass der soziale Zusammenhalt in den wirtschaftlich am weitesten entwickelten Ländern am stärksten ausgeprägt ist. Wirtschaftliche Entwicklung, Wohlstand, Human Development (vor allem Bildung und Lebenserwartung) und Geschlechtergleichheit stellen mithin Schlüsselfaktoren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt dar. Allerdings ergab die Untersuchung, dass es auch weniger entwickelte Länder mit einem hohen Zusammenhalt gibt.

Kulturelle Vielfalt

Extreme Armut hat den größten negativen Einfluss auf den Zusammenhalt, gefolgt von der Diskriminierung von Frauen. Kulturelle Vielfalt im Sinne sprachlicher, ethnischer oder religiöser Heterogenität hingegen zeigt keinen eindeutig nachweisbaren Einfluss auf sozialen Zusammenhalt. Lediglich ein sehr hoher Grad an ethnisch-kultureller Vielfalt scheint ihn zu beeinträchtigen.

Im Gesamtindex aller untersuchten Länder über den gesamten Untersuchungszeitraum liegen Hongkong und Singapur an der Spitze, gefolgt von Thailand und Bhutan. Ein moderater Zusammenhalt wurde für die meisten Länder Südostasiens gemessen, während die südasiatischen Länder die Schlusslichter bilden.

Mögliche Basis für autoritäre Herrschaftssysteme

Zu den positiven Effekten von sozialem Zusammenhalt gehört, dass er dazu beiträgt, wirtschaftliche Produktivität zu fördern und Arbeitslosigkeit zu verringern. Gleichzeitig weisen die Ergebnisse auch auf den möglichen janusköpfigen Charakter von Zusammenhalt hin: Je nach politischen Rahmenbedingungen kann er einerseits als Kitt der Gesellschaft, der wirtschaftlichen Fortschritt und "wohlwollenden" politischen Führern eine inklusive Entwicklungspolitik ermöglicht, andererseits aber auch als Fundament autoritärer Herrschaftssysteme dienen. (red, 20.12.2017)