In der Sackgasse sein und keinen Ausweg wissen – wie andere Menschen helfen können.

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Linz – In die Zeit voller Lametta, Glitzer und Kerzenschein mischt sich mitunter viel Traurigkeit. Denn die Weihnachtszeit ist oftmals auch Krisenzeit. Und mit erschreckender Häufigkeit münden psychische Ausnahmezustände in einer Ausweglosigkeit, die für Betroffene ein Weiterleben sinnlos erscheinen lässt.

"Die Anzahl der Suizide etwa in Oberösterreich ist im Vorjahr um 23 Prozent gestiegen, 211 Menschen nahmen sich 2016 das Leben. Die Zahl ist dreimal so hoch wie der der Verkehrstoten", warnt Regina Nening-Dougan, Geschäftsführerin des Vereins Exit sozial. "Österreichweit verzeichnet Oberösterreich mit Niederösterreich die drittmeisten Suizide. Diese Zahlen sollten uns zu denken geben."

Psyche nicht "ausklammern"

Vor diesem Hintergrund fordern die Experten jetzt mehr Engagement auch von offizieller Seite. "Wir brauchen mehr Präventionsarbeit. Da gibt es in Österreich noch deutlich Luft nach oben", ist der Psychiater Werner Schöny, Vorstandsvorsitzender von Pro Mente Oberösterreich, überzeugt. Eine konkrete Forderung ist die Einführung von speziellen Erste-Hilfe-Kursen für die Seele. Schöny: "Es gibt tolle und auch verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse – nur die Psyche wird dabei völlig ausgeklammert."

Geht es nach den Experten, sollen künftig auch psychische Krankheitsbilder fixer Bestandteil der Kurse sein. Schöny: "Nur so kann man das Thema enttabuisieren und die Menschen sensibilisieren. Vor einem Suizid gibt es eigentlich immer Warnsignale. Nur muss man die eben erkennen und wissen, wie man helfen kann."

Das Leiden der Angehörigen

Mehr Augenmerk wollen die Experten aber auch auf das Umfeld von Suizidopfern lenken. Denn nicht nur der Suizident ist das Opfer, die Angehörigen leiden extrem an den Konsequenzen eines Selbstmordes. "Gerade das Thema Angehörigenbetreuung beschäftigt unsere Mitarbeiter sehr", schildert Monika Czamler, Leiterin der Krisenhilfe Oberösterreich, die Situation. Es sei der "Grund Nummer eins", warum das Kriseninterventionsteam so oft im Einsatz ist. Czamler: "Alleine 2016 haben 259 Fallgeschichten betreut, das waren insgesamt 616 Hausbesuche."

"Ein Suizid ist eine Extremhandlung, in der Menschen schon sehr verzweifelt sein müssen", erläutert Schöny. "Aber sie lassen auch Menschen hinter sich, bei denen dann die Frage nach dem Warum zur großen psychischen Belastung wird. Vor allem haben Betroffene auch enorme Schuldgefühle." Ein Selbstmord stürze meist eine Reihe von Personen in schwere emotionale Probleme: "Es ist oft lebenslang ein Thema, vor allem wenn es um Kinder geht." (Markus Rohrhofer, 21.12.2017)