Das Glück ist ein Vogerl und wohnt in Dänemark.

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Jessica Joelle Alexander, Iben Dissing Sandahl
"Warum dänische Kinder glücklicher und ausgeglichener sind

Die Erziehungsgeheimnisse des glücklichsten Volks der Welt"
Mosaik-Verlag 2017
222 Seiten, 18,50 Euro

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Es liegt in der Natur von Ratgeberliteratur, praktische Tipps und griffige Formeln für ein besseres Leben zu liefern. Erzählungen darüber, wie man die nächste Hürde im Leben noch effizienter meistern kann, boomen. Dazu ein Buchtitel, den ein Geheimnis umhüllt oder ein Versprechen umgibt – und der hoch empathisch suggeriert: "Das schaffst auch du".

Mit erprobten Rezepten und klaren Botschaften, wie Kinder am besten zu erziehen sind, geizt auch dieser Elternratgeber nicht. Das Buch "Warum dänische Kinder glücklicher und ausgeglichener sind" kommt dabei aber angenehm unaufgeregt und gelassen daher. Jessica Joelle Alexander und Iben Dissing Sandahl legen dar, was Familien in Dänemark richtig machen und verraten "die Erziehungsgeheimnisse des glücklichsten Volks der Welt".

Das Glück, das mag in Wien ein Vogerl sein, aber wohnen tut es in Dänemark. Seit über vierzig Jahren rangiert das Land beim Thema Glücklichsein an der Spitze. Liegt es am gut ausgebauten Sozialsystem, an der konsequenten Gleichstellungspolitik, den hohen Löhnen oder dem kostenlosen Bildungssystem, dass die Däninnen und Dänen so glücklich sind? Wahrscheinlich auch. Die Autorinnen machen aber in erster Linie den dänischen Erziehungsstil für die Weitergabe und Vermehrung des Glücks verantwortlich.

Handreichung zum Glücklichsein

Wie das Rezept für glückliche Kinder aussieht, beschreiben die beiden anhand von sechs Grundsätzen – es ist das Akronym für Glück und setzt sich zusammen aus Gutem Spiel, Lernorientierung, Umdeuten, Empathie, Coolbleiben und Kuscheligem Zusammensein. Kapitel für Kapitel führen Alexander und Sandahl aus, was darunter zu verstehen ist. "Was wäre, wenn wir den Eltern sagen würden, dass ihre Kinder beim freien Spiel lernen, weniger ängstlich zu sein und besser mit Frustration umzugehen? Sie stärken spielerisch ihre Resilienz", schreiben Alexander und Sandahl. Ihre Empfehlung: Weniger Programm, dafür mehr unverplante Zeit. Dazu müssen die Eltern ihre Kinder von der Leine lassen, sie Dinge ausprobieren lassen und ihnen Raum geben. Zwischen aktuellen Forschungsergebnissen und persönlichen Erfahrungsberichten zollen die Autorinnen vor allem der dänischen Gelassenheit Tribut.

Sich ein Leben lang weiterzuentwickeln ist, was die Däninnen unter Lernorientierung verstehen. Und: Eltern in Dänemark würden ihre Kinder nicht mit Lob überhäufen, sondern setzen Lob prozessbezogen ein. Dadurch würden Kinder ermutigt, Herausforderungen zu bewältigen und sich weniger mit anderen zu vergleichen. Alexander und Sandahl: "Wenn wir statt leeres Lob zu verteilen oder uns zu sehr auf die Intelligenz der Kinder zu konzentrieren ihre Anstrengung und ihre Leistung ehrlich loben, ehrlich unsere eigenen Gefühle zum Ausdruck bringen und die Gefühle der Kinder zulassen, helfen wir ihnen, einen starken inneren Kompass zu entwickeln, weil sie lernen, ihren Gefühlen zu vertrauen."

Hygge als Glücksformel

Was es sonst noch fürs Lebensglück braucht? Den Dingen einen neuen Rahmen geben, Situationen umdeuten. Denn: Ob ein Ereignis positiv oder negativ aussehe, liege oft im Auge des Betrachters, so die Autorinnen. In Dänemark würden Eltern negative Ereignisse nicht ausblenden, stattdessen würden sie den Fokus auf die positiven Komponenten zu legen.

Eine weitere Ingredienz zum Glücklichsein ist es, Empathie bei Kindern zu fördern. Außerdem: Coolbleiben, um sich auf keine Machtkämpfe mit dem Nachwuchs einzulassen. Und dann ist da noch hygge – ein in Dänemark häufig verwendetes Adjektiv, das sich mit dem Wort gemütlich übersetzen lässt. Für die Autorinnen steht hygge für das kuschelige Zusammensein, das enge Bindungen ermöglicht und ein wichtiger Faktor für Zufriedenheit ist: "Hygge bedeutet, einen sicheren Ort zu schaffen, an dem man sich gemeinsam entspannen und den Alltagsstress außen vor lassen kann."

Einige Methoden aus dem Buch in den Familienalltag zu integrieren wäre also sicher kein schlechter Vorsatz für das neue Jahr. (Christine Tragler, 26.12.2017)