Protarctos abstrusus in seinem natürlichen Lebensraum.
Illustration: Mauricio Antón

Los Angeles – Über viele Millionen Jahre ihrer Entwicklung hinweg sahen die Ahnen der heutigen Bären eher nach Hunden oder Waschbären aus. Erst vor fünf bis vier Millionen Jahren begannen sie die uns vertraute Gestalt anzunehmen. Die moderne Entwicklungslinie der Ursinae dürfte ihre bis heute typische Lebensweise aber schon früh ausgebildet haben, berichten Forscher im Fachmagazin "Scientific Reports".

Zum Beleg dienen ihnen Fossilien einer Protarctos abstrusus benannten Spezies, die in der kanadischen Arktis gefunden wurden und etwa 3,5 Millionen Jahre alt sind. Das Tier war ein wenig kleiner als ein heutiger Schwarzbär und hatte einen flacheren Kopf – sah aber bereits eindeutig nach einem Bären aus. Die Fossilien weisen Parallelen zu etwa gleich alten Funden aus Ostasien auf, von wo aus sich die Tiere nach Nordamerika ausgebreitet hatten.

Zeitgenossen des frühen Bären – im Vordergrund ein Biber der ausgestorbenen Gattung Dipoides.
Illustration: George "Rinaldinho" Teichmann

Da es in der Region damals wesentlich wärmer war als heute, lebte Protarctos als Bewohner feuchter Nadelwälder. Die Fundstätte auf der Grönland gegenüberliegenden Insel Ellesmere Island enthielt unter anderem auch Fossilien von Bibern, Fischen und einem dreizehigen Pferd. Ungeachtet der Temperatur war es so hoch im Norden aber natürlich trotzdem ein halbes Jahr dunkel und ein halbes Jahr dauerhaft hell – Lebensumstände, mit denen der urtümliche Bär offenbar genauso gut klarkam wie heutige Grizzlies.

Besonders spannend fand das Team um Xiaoming Wang vom Natural History Museum of Los Angeles County aber die Bezahnung des Bären. In diesem Punkt trafen urtümliche und moderne Merkmale aufeinander. Das Gebiss war noch kaum an pflanzliche Kost angepasst, die bei heutigen Bären einen großen Anteil am Speisezettel hat. Trotzdem gehörte sie offenbar schon zu seiner Ernährung.

Digitale Rekonstruktion des Schädelfossils von Protarctos.
Foto: Xiaoming Wang

Das schließen die Forscher aus eindeutigen Kariesspuren, die sie mit CT-Scans an den Zähnen des Bären fanden. Er hat offenbar große Mengen zuckerhaltiger Nahrung zu sich genommen, vermutlich Beeren. Die Forscher nehmen an, dass er sich so – ganz wie heutige Braunbären – einen Vorrat anfraß, um die Kälte des dunklen Halbjahrs in Winterruhe auszusitzen. (jdo, 27. 12. 2017)