Wolfgang Sobotka (re.) bei der Übergabe des Innenressorts an seinen Nachfolger Herbert Kickl.

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Als Gratulanten haben sich bei der Wahl zum Nationalratspräsidenten vor allem ÖVPler eingestellt, die Opposition muss Wolfgang Sobotka erst noch überzeugen.

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Wien – Mit Vorschusslorbeeren wurde Wolfgang Sobotka von der Opposition nicht gerade bedacht. Nur 106 von 173 gültigen Stimmen bekam der bisherige Innenminister vor Weihnachten bei der Wahl zum Nationalratspräsidenten. Das Amt übernahm er von Neo-Umweltministerin Elisabeth Köstinger.

Der Niederösterreicher sieht dahinter aber kein generelles Misstrauen gegen seine Person, sondern führt das Votum vor allem auf die Umstände zurück. "Nach der Wahl gibt es noch immer eine sehr emotionale Stimmung", sagt Sobotka im Gespräch mit dem STANDARD. Dieser will er "mit Äquidistanz zu allen Parteien und bewusster Parteinahme für das Parlament begegnen".

Nicht enttäuscht

Klagen über die Nichtberücksichtigung im Regierungsteam von ÖVP-Chef Sebastian Kurz kommen Sobotka nicht über die Lippen: "Wer enttäuscht ist, wenn er Präsident wird, hat die Dinge nicht ganz verstanden. Ich schaue nicht mit Tränen im Knopfloch zurück." In seiner neuen Funktion will er vor allem die Bevölkerung mehr über die Aufgaben der Parlamentarier informieren und den Dialog mit Wissenschaft und Kunst suchen. "Das Jahr 2018 wird aber natürlich auch sehr stark ein Gedenkjahr." Die Republik feiert den 100. Geburtstag, die Ausschaltung des Parlaments jährt sich zum 85. Mal.

Die Aufregung darüber, dass die FPÖ nun sowohl das Innen- als auch das Verteidigungsressort innehat und somit alle nachrichtlichen Dienste bei den Blauen angesiedelt sind, will der Exminister nicht näher kommentieren. "Es ist nicht Aufgabe des Präsidenten, die Regierungsstruktur zu bewerten oder Mahnungen abzugeben", sagt Sobotka, um dann doch hinzuzufügen: "Ich würde es nicht befürworten, wenn man Innen- und Verteidigungsressort in ein Sicherheitsministerium zusammenfasste, wie das auch gefordert wurde. Da würde ich meine Bedenken anmelden."

Vertrauenswürdiger Kickl

Seinen Nachfolger im Innenministerium, Herbert Kickl, will er zwar ebenfalls nicht im Detail bewerten, an dessen Fähigkeit, ein Ressort zu führen, zweifelt Sobotka allerdings nicht: "Ich habe ihn als vertrauenswürdigen Politiker kennengelernt. Er ist absolut geeignet für das Amt."

Keinen Grund zur Aufregung sieht Sobotka in den von einigen Ministern geplanten Generalsekretären, die Weisungen an die Sektionschefs erteilen können. "Ich halte das für in Ordnung, wenn es die Kommunikation im Ressort verbessert." Und was sagt der 61-Jährige zur Forderung des Europarats und des Politikwissenschafters Hubert Sickinger nach strengeren Transparenzpflichten für Politiker?

Wie berichtet, müssen Minister derzeit ihre Vermögensverhältnisse nur dem Rechnungshof melden, der diese aber nicht veröffentlicht und sie auch dem Parlament nicht generell übermittelt. Sobotka: "Ich halte die derzeitige Rechtslage für ausreichend. Aber sollte von den Parteien eine Initiative ergriffen werden, werden wir das selbstverständlich diskutieren."

Gegen Minister-Hearings

Wenig abgewinnen kann Sobotka der Neos-Forderung nach Minister-Hearings im Hohen Haus vor der Angelobung. Das würde für ihn nur dann Sinn machen, wenn man das Wahlsystem in Richtung Mehrheitswahlrecht umbaute – "dafür sehe ich aber keine Veranlassung". Aus seiner Sicht hat das Parlament schon jetzt "genügend Möglichkeiten, um einzelne Regierungsmitglieder intensiv in Augenschein zu nehmen".

Die Forderung nach Abschaffung des Amtsgeheimnisses, die sich im neuen Regierungsprogramm gar nicht mehr findet, wäre für Sobotka ein Thema für eine parlamentarische Enquete. Denn auch wenn seit Jahren darüber diskutiert wird, sieht er noch viele Unwägbarkeiten – "es geht um Abwägungen zwischen Datenschutz und gesamtgesellschaftlichem Nutzen. Ich habe hier noch keine abschließende Meinung."

Die Gefahr, dass er, ähnlich wie zuvor Köstinger, nur für kurze Zeit im Parlament bleibt und sich nach der niederösterreichischen Landtagswahl Ende Jänner verabschiedet, besteht laut ihm nicht. "Eine Rückkehr in die Landespolitik schließe ich aus." (Günther Oswald, 28.12.2017)