In den 1960ern war sie mit den Staple Singers an vorderster Front der Bürgerrechtsbewegung. Seitdem hat Gospel- und Soul-Grande-Dame Mavis Staples einen langen Weg zurückgelegt und etwa bei Präsident Obama im Weißen Haus gespielt. Auf ihrem Album If All I Was Was Black bietet sie sich verdunkelnden Zeiten die Stirn mit zehn neuen, eigens von Wilco-Mastermind Jeff Tweedy für sie geschriebenen Songs.
Ein erhellendes Licht auf die lange unterschätzte Gospelphase von Staples' einstigem Gspusi Bob Dylan wirft dessen jüngster Eintrag in die Bootleg Series: Trouble No More 1979-1981. Selten sang der spätere Literaturnobelpreisträger leidenschaftlicher, nie wieder klang er so funky.
Dass Americana-Klänge bei Kanadiern in guten Händen sind, weiß man seit The Band. Auf Northern Passages beweisen die in Toronto beheimateten The Sadies um die wahnwitzigen Gitarren-Brüder Dallas und Travis Good, dass sich daran nichts geändert hat.
Gitarren-Nerds durften sich das ganze Jahr über formidable Veröffentlichungen freuen, vom feinen Livealbum Small Town, das Bill Frisell mit Bassist Thomas Morgan eingespielt hat, bis zu Live At Rockwood Music Hall NYC von Jim Campilongo, das endlich dessen Dauergastspiel an der Lower East Side dokumentiert. Campilongo erinnert nicht nur musikalisch zuweilen an Telecaster-Legende Roy Buchanan, er käme auch als würdiger Erbe von dessen Titel "The World's Greatest Unknown Guitarist" infrage.
Die Wiederbegegnung mit einem stillen Giganten der Jazzgitarre ermöglicht die in einer abgespeckten Version neu aufgelegte Drei-CD-Box Live! Vol. 2-4 mit Höhepunkten eines Gastspiels, das Jim Hall 1975 im Bourbon Street Jazz Club in Toronto gab.
An der heimischen Gitarrenfront beweist Sir Karl Ratzer mit Tears erneut, dass er von Jahr zu Jahr besser wird – nicht nur als Saitenkönner, sondern auch als herzergreifender Sänger. Wer (nicht nur) zum Jahresausklang noch in betörendem Wiener Moll baden möchte, greife getrost zu Vienna Rest In Peace der moribunden gleichnamigen Supergroup mit Sängerin Marilies Jagsch, Gregor Tischerberger oder Ralph Wakolbinger – am besten natürlich auf Vinyl.
Karl Gedlicka