Gerhard Köpf, "Das Dorf der 13 Dörfer". € 24,- / 240 Seiten. Braumüller, Wien 2017

Foto: Braumüller

Wien – Dies ist ein merkwürdiges Buch. Und es ist ein Buch in Schwarz-Weiß. Was Gerhard Köpf, 1948 in Pfronten im Allgäu geboren, in München ansässig und viele Jahre Professor an der Universität Duisburg, in Das Dorf der 13 Dörfer erzählt, lässt sich nicht in Farbe vorstellen. Spielt doch die Gegenwart keine Rolle, ja nicht einmal die letzten 50 Jahre. Vielmehr ist die Welt dieses Romans die der Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts.

Zurück in die Jugend

Die Ausgangslage ist eine einfache. Der Erzähler ist Rundfunkjournalist und zuständig für Nachrufe, für Das Kalenderblatt und die Regionalsendung Das Zwölfuhrläuten. Jeden Sonntag wird es ausgestrahlt und besteht aus dem zehnminütigen Porträt einer Kirche, unterfüttert mit Interviews vor Ort. So kommt er auch in das Dorf, in dem er aufwuchs, das Dorf der 13 Dörfer. Das so heißt, weil es 13 Ortsteile hat. Diese ländliche Welt kennt man aus anderen Büchern Köpfs. Es ist Thulsern, ein imaginärer, autobiografisch unterfütterter Kosmos.

So beginnt eine Reise zurück zu eigenen Kindheits- und Jugenderinnerungen: zu drei ungewöhnlichen Schwestern, die einst Sommerfrischegäste waren, dem Postboten des Nonnenklosters, der eines Winters erfriert, und der drallen dänischen Friseuse, Objekt erster pubertärer Zuneigung. Ebenso zu dem Vater, einem Postboten, und den auf alten Holzskiern gemeinsam unternommenen Schneewanderungen, einer alten Adligen, deren Villa bei ihrem Tode fast zusammenbrach. Und zu einem Flüchtlingsmädchen, das glockenklar singen konnte, sirenenhafte Bedienung im Gasthaus wurde, 30 Jahre später, nach Jahren als Callgirl, reich zurückkam und eine Reha-Spa-Klinik errichten ließ. Oder zur Berufsschullehrerin Traudelinde Bäuschel-Kaltenbach, die Klöppeln und Lochstickerei lehrte und nach dem Tod ihres Papageis Amok lief.

Köpfs Bücher sind seit seinen ersten zwei aufsehenerregenden Romanen Innerfern von 1983 und zwei Jahre später Die Strecke – für einen Auszug daraus erhielt er beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 1983 den Sonderpreis der Jury zugesprochen – in vielen Verlagen erschienen. Manchmal ist so eine Publikationsgeschichte kein Zufall. Sondern ein Symptom.

Abgegriffen, mattmüde

Man ist ja gewillt, hier etwas Interessantes zu entdecken. Und resigniert immer hartnäckiger. Denn Köpf lässt einen immer ausdauernder im Stich. Auf den letzten 90 Seiten handelt es sich dann nur noch um eine Aneinanderreihung pseudopittoresker Hommagen an Alois Brandstetter und Heimito von Doderer. Hinzu kommt ein Lektorat, das Köpfs Tendenz zum abgegriffenen, mattmüden und oft schiefen Sprachklischee immer wieder nachgab, zum Nachteil des Autors. Da funkeln nächtens die Wellen eines Baches, da versinkt im Sommer ein Häuschen in einem einzigen Duft- und Blütenmeer, da arbeitet der Vater wie ein Schweizer Uhrwerk. Hinzu kommt eine Neigung zum etwas verschwitzten Altherrenwitz.

So ist dies eine Nummernrevue schnurrenhaft altbackener Vignetten, die sich nicht zu einem Roman fügen. Und ein Autor, der sich als ernstzunehmend verabschiedet. (kluy, 29.12.2017)