Österreich, ein strukturell ziemlich rechtes Land (auch unter SPÖ-Kanzlern), hat mit 57 Prozent eine rechte Regierung gewählt. Diese besteht aus der Kanzler-Kurz-Partei, die man als rechtskonservativ bezeichnen könnte. Und aus der Burschenschafter-FPÖ, die eine Mischung aus rechtspopulistisch und extrem rechts ist.

Diese Regierung hat ein Mandat vom Wähler: ein Mandat für den diffusen "Kampf gegen die Islamisierung" – und für diffuse "Veränderung" (was am ehesten wohl als "Machen statt Stillstand" verstanden wird).

Diese Regierung hat aber kein Mandat für einen Staatsumbau in Richtung illiberaler Demokratie (darunter versteht man eine durch formale Wahlen verschleierte autoritäre Herrschaft).

Schlagende Burschenschafter

Die Kurz-Partei ist rechter als die frühere ÖVP. Das muss noch nicht dramatisch sein. Doch das wahre Problem liegt darin, dass Sebastian Kurz offenbar freiwillig und absichtlich der rechtspopulistischen bis extrem rechten FPÖ (zu?) viel Macht in Österreich gegeben hat.

Die Parteispitze der FPÖ will von der alten NS-Nostalgie zu einer harten "modernen Rechten" kommen. Aber relevant ist, dass die heutige FPÖ von einer elitären, weit rechts stehenden, demokratisch bedenklichen Minderheit beherrscht wird: den schlagenden Burschenschaftern. Das Ziel der Burschenschafter-FPÖ ist eine "Dritte Republik", im Grunde eine völkisch-deutschnationale, illiberale Demokratie. Das ist vielen nicht so klar. In manchen Aspekten (mehr Volksabstimmungen) decken sich die Vorstellungen der Kurz-ÖVP auch mit dem "Dritte Republik"-Modell.

Hier muss daher demokratische Wachsamkeit ansetzen. Die parlamentarische Opposition ist geschwächt. In solchen Fällen kommt der Zivil- (besser: Bürger-)Gesellschaft erhöhte Bedeutung zu. Das politische Spektrum kann dabei von linksliberal über grün-alternativ und bürgerlich-liberal bis liberal-konservativ reichen. Im Wesentlichen die Koalition, die Alexander Van der Bellen wählte, weil sie nicht einen "Sie werden sich wundern"-Deutschnationalen als Präsidenten wollte.

Die Macht der kritischen Öffentlichkeit

Diese Zivilgesellschaft muss sich (besser) organisieren. So wie sich die FPÖ eine rechte Parallelöffentlichkeit auf Facebook und mit unzensuriert.at geschaffen hat, sollten sich die vielen kleineren Initiativen im Web und in den sozialen Medien organisieren, teilweise auch fusionieren. Wichtig ist permanente Verlinkung. Wer auf Twitter eine gelungene Satire auf Youtube verlinkt, hat etwas für eine kritische Öffentlichkeit getan. Wer an seine Freunde Dokumentationen über Burschenschafter und ihren Einfluss mailt, trägt zur Erkenntnis der wahren Verhältnisse in dieser "Partei des kleinen Mannes" bei. Demonstrationen haben ihre Berechtigung (solange sie nicht von gewaltbereiten Chaoten gekapert werden wie beim Akademikerball), aber fast wichtiger ist das ständige Monitoring antidemokratischer Salamitaktik. Die Möglichkeiten der neuen Medien sind unter liberalen Demokraten zu wenig erkannt. Die Bürgergesellschaft kann auf Dauer auch nicht die Opposition ersetzen. Aber sie kann kritische Öffentlichkeit schaffen.

Diese Regierung hat eine beachtliche Mehrheit. Das bedeutet aber nicht, dass ihre Wähler die Reise in ein Orbánistan mitmachen wollen. Die derzeitige Minderheit muss sich nur organisieren. (Hans Rauscher, 29.12.2017)