Sofia – Bulgarien hat am Montag für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Das osteuropäische Land ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union. Auf der Agenda der bulgarischen Ratspräsidentschaft steht neben der Flüchtlingspolitik, dem EU-Haushalt ab 2020 und der Reform der Eurozone vor allem die zweite Phase der Brexit-Verhandlungen, in der es um eine Übergangsphase nach dem EU-Austritt Großbritanniens und die künftigen Handelsbeziehungen gehen wird.

Außerdem will die Regierung in Sofia sich um die europäische Integration seiner Balkan-Nachbarländer bemühen. Für Mai ist ein EU-Balkan-Gipfel geplant. Borissow plädiert auch für eine Verbesserung der Beziehungen der EU zur Türkei. Mit dem Land hat Bulgarien eine 259 Kilometer lange gemeinsame Grenze.

Erfolgloser Kampf gegen Korruption

Kritisiert wegen eines weitgehend erfolglosen Kampfes gegen Korruption, will Bulgarien die sechsmonatige Ratspräsidentschaft auch nutzen, um seinen Ruf aufzubessern. Unter anderem bemüht sich das ärmste Mitgliedsland der EU um eine Aufnahme in den Schengenraum. Zwischen den Schengenstaaten herrscht Reisefreiheit, Kontrollen gibt es nur an der Außengrenze. Gegen eine Aufnahme Bulgariens gibt es bei mehreren EU-Regierungen Vorbehalte. Langfristig strebt Bulgarien auch einen Beitritt zur Eurozone an.

Das Land mit 7,1 Millionen Einwohnern blickt seit dem Ende des Kommunismus auf turbulente politische Zeiten zurück, hat unter Ministerpräsident Boiko Borissow aber eine gewisse Stabilität erlangt. Im Gegensatz zu den Ländern der Visegrad-Gruppe – Polen, Tschechien, Ungarn und Slowakei – steht Bulgarien hinter der EU-Politik einer Umverteilung von Flüchtlingen.

Der konservative Borissow hatte bei der Parlamentswahl im April sein drittes Mandat seit 2009 gewonnen. Er tritt einerseits für "pragmatische" Beziehungen zu Moskau ein und ist andererseits ein treuer Verfechter von NATO- und EU-Positionen. Seiner jetzigen Regierung gehören erstmals die Nationalisten der Partei Vereinte Patrioten an, die ihre aggressive flüchtlingsfeindliche Rhetorik allerdings eindämmten und EU- und NATO-freundlichere Töne anschlugen. (APA, 1.1.2018)