Dank Niki kann Vueling die Präsenz in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausbauen.

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Die Low-Cost-Fluglinie Vueling, die nun die insolvente Niki übernimmt, hat sich seit 2004, dem Jahr ihrer Gründung, sukzessive den Spitzenplatz am spanischen Himmel erkämpft. Sich über den wenigen spanischen Wolken und gegen die harte Konkurrenz von Ryanair, Norwegian oder Easyjet durchzusetzen war ein Husarenstück.

Wie die spanische Wirtschaftszeitung "Expansión" schreibt, ist Niki für Vueling und den Mutterkonzern IAG ein "Schnäppchen, das man im Ausverkauf erstanden hat" – und zitiert dabei die wahren Worte von Unternehmensgründer Niki Lauda: "Es ist nicht dasselbe, eine Fluglinie zu kaufen, die in der Luft ist, wie eine, die am Boden ist."

Mehr Präsenz

Für den Vueling-Chef Javier Sánchez Prieto kommt Niki gerade recht. Vor allem die Lande-Slots, aber auch Flugzeuge, sind ideal für die angestrebte Ausweitung der Präsenz im europäischen Kurz- und Mittelstreckennetz. Es gilt, den Markt für Urlaubs- und Städteflugreisen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zu erschließen.

Niki steht im deutschsprachigen Raum für Mallorca-Reisen, in Spanien ist das Unternehmen jedoch fast unbekannt. Hier scheinen Synergien mit Vuelings zahlreichen Spanien-Destinationen möglich. Aber auch als Zubringer zu Nord- und Lateinamerika-Flügen des neugegründeten Low-Cost-Langstreckenanbieters Level der Vueling-Mutter International Airline Group (IAG, British Airways und Iberia u. a.) ab Madrid und Barcelona soll Niki wertvolle Dienste auf seinen Strecken erbringen.

Expansionsstrategie

Dreierlei Dinge spielten beim Höhenflug von Vueling bisher eine wesentliche Rolle: erstens die Fusion im Jahr 2009 mit Clickair, dem ersten Versuch Iberias, eine Low-Cost-Tochter zu lancieren. Seither war und ist die Iberia Hauptaktionär von Vueling. Aktuell sind 45,9 Prozent im IAG-Besitz, deren Holding Veloz Holdco hält 53,6 Prozent, der Rest der Aktien gehört dem Vueling-Management.

Zweitens die Rolle von Clickair-Gründer Álex Cruz, der mittlerweile auch British-Airways-Geschäftsführer ist. Eine aggressive Expansionsstrategie wurde umgesetzt, die Vueling unter dem IAG-Dach ab 2010 zu einer der profitabelsten Fluglinien Europas werden ließ, ohne die Fluggäste das "Low Cost" spüren zu lassen.

Drittens das Annus horribilis des direkten Konkurrenten Spanair 2008 mit dem Absturz einer MD-82 unmittelbar nach dem Start in Madrid-Barajas (154 Tote, 20 Verletzte) und der darauffolgenden Pleite 2012 wegen Misswirtschaft. Vueling übernahm eine Vielzahl an Routen und Landerechte von Spanair (Spanien, Nordafrika, und vor allem Skandinavien) und 70 Prozent von deren Airbus A-320er-Flotte.

Imageschaden

Einen schweren Imageschaden hatte Vueling in Spanien im Sommer 2016 hinzunehmen, der bis heute noch nicht verdaut ist: Über Wochen gab es große Verspätungen und zahlreiche Flugausfälle. Tausende Fluggäste saßen fest, noch viele mehr harrten Stunden und Nächte in den Terminals aus, die Polizei musste für Ordnung sorgen. Die Billigfluglinie war fortan ein Synonym für Verspätungen und Chaos.

Grund dafür war die angepeilte Maximierung der Auslastung der Flugzeuge mit bis zu vier Strecken täglich. Das führte zu einer Überbelastung der Piloten und des Personal in der Luft und auf dem Boden. Zu knapp kalkulierte Lande-Slots führten zu einer Kettenreaktion, es kam landes- und europaweit zu Verzögerungen.

Viele Verspätungen

Wie Daten der spanischen Flughafenbehörde belegen, waren auch bis Ende September 2017 38.230 Vueling-Flüge mindestens 15 Minuten verspätet (allein 21.037 davon in Barcelona El Prat). Nur Ryanair war spanienweit noch unpünktlicher (42.637).

Die eigentlich sonnigen Aussichten für Vueling werden von zwei Faktoren getrübt: erstens von der politischen Instabilität im abtrünnigen Katalonien, wo Vueling in Barcelona seinen Sitz und die Flottenbasis unterhält. Und zweitens drohen die Belegschaften periodisch mit Streiks, wie zuletzt um Weihnachten. Dieser konnte nur in allerletzter Minute abgewandt werden.

Die Niki-Belegschaftsvertreter in Wien begrüßen jedenfalls die Übernahme. "Unter den Umständen war es die beste Lösung", sagte Betriebsratschef Stefan Tankovits am Wochenende. Angekündigt wurde, dass 750 von 1000 Mitarbeitern übernommen werden. (Jan Marot, 1.1.2018)