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Kim Jong-un bot Südkorea Gespräche an.

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Südkoreas Vereinigungsminister Cho Myoung-gyon schlug Kim einen Termin vor.

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Nur wenige Stunden nachdem die Botschaft Kim Jong-uns bekanntgeworden war, kam von der im Präsidentenpalast einberufenen Kabinettsrunde eine erste positive Resonanz mit einer verblüffenden Aussage: Ohne Vorbedingung sei Seoul bereit, so hieß es nach Meldungen der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap, sich "zu jeder Zeit, an jedem Platz und in jedem Format" mit Vertretern Nordkoreas zu treffen. Zuvor hatte Nordkoreas Machthaber in seiner Neujahrsrede neben den Drohungen in Richtung USA mit einem Strauß von Olivenzweigen um bessere Beziehungen zum Süden geworben.

Das solle ihm seine "ernsthaften Bemühungen um eine Détente" abnehmen. Er hat versprochen, "unsere Türen für jeden aus Südkorea zu öffnen". Und Kim schlug vor, die vom 9. bis 25. Februar dauernden Olympischen Winterspiele in Pyeongchang "als guten Anlass" zu nehmen, um ein "günstiges Klima zur nationalen Aussöhnung" zu erzeugen. Nordkorea wolle nun auch eine Delegation zu den Winterspielen schicken. Dafür sollten sich die Behörden beider Seiten bald treffen. Seouls Regierung nimmt Kims Worte nun offenbar für bare Münze, obwohl viele Stimmen aus den USA sie warnen, dass er Südkorea und die USA auseinanderdividieren wolle.

Moon griff Angebot auf

Präsident Moon Jae-in sieht dennoch seine Chance gekommen, die Arme zur Willkommensgeste auszubreiten, obwohl ihm Kim immer wieder übel mitgespielt hat. Seit Amtsantritt im vergangenen Mai bot Moon Pjöngjang vergeblich die Wiederaufnahme des bilateralen Regierungsdialogs an, den Nord- und Südkorea zuletzt im Dezember 2015 geführt hatten. Kim ignorierte selbst seine Vorschläge für ein Rotkreuztreffen vergangenen Juli.

Zudem ließ er ihn durch seine wiederholten Raketentests vorführen und von Pjöngjangs Propaganda als untertäniger Diener der USA und Vaterlandsverräter schmähen. Moon wies dennoch seine Ministerien für Einheit und für Kultur und Sport an, alles für die Wiederaufnahme des Süd-Nord-Dialogs vorzubereiten mit dem Ziel, dass Nordkoreas Delegation an den Spielen in Pyeongchang teilnehmen kann. So schnell ging das alles vor sich, dass Einheitsminister Cho Myoung-gyon am Dienstagmorgen ein erstes Treffen hochrangiger Delegationen beider Länder für Dienstag in der kommenden Woche im Waffenstillstandsort Panmunjom vorschlug. Eine Antwort aus Pjöngjang blieb bisher aus. Überrascht wurde auch das noch schlafende Washington.

Auch Peking musste Kims Rede erst verdauen. Der Sprecher des Außenministeriums, Geng Shuang, wählte seine Worte mit Bedacht. Peking sehe "positive Signale", wenn Nord- und Südkorea ihre Beziehungen verbesserten und Pjöngjang an den Winterspielen beteiligt würde.

Sonnenscheinpolitik verhaftet

"Das ist eine gute Sache." China würde es allerdings begrüßen, wenn Nord und Süd den Anlass der Spiele auch nutzen, um sich gemeinsam zu bemühen, die "Lage auf der Koreanischen Halbinsel zu entspannen und diese atomwaffenfrei werden zu lassen". In seiner Neujahrsbotschaft hatte Kim seine Atomwaffen nicht zur Disposition gestellt. Ausdrücklich betonte er, dass sein Staat eine "verantwortliche, den Frieden liebende Atommacht ist" und nur als solche mit Südkorea wieder ins Gespräch kommen will. Nordkorea-Experte Zhang Liangui von der Zentralen Parteihochschule warnt alle Beteiligten, Kim nicht auf den Leim zu gehen.

Der nordkoreanische Führer werbe aktiv damit, die Beziehungen zum Süden verbessern zu wollen, ohne die Atommacht seines Landes zu gefährden. Kim werde und wolle diese Haltung in keiner Weise ändern, sagte Zhang. "Im Gegenteil. Er will sie ausbauen, noch mehr Atomwaffen entwickeln und testen." Mit seiner Rede habe Kim die "Angel ausgeworfen", um Südkorea dazu zu bringen, Nordkoreas Realität als Atomwaffenstaat zu akzeptieren. "Kim weiß, dass Südkorea das schwächste Glied in der Nichtproliferationskette und der Sanktionsgemeinschaft der Welt ist."

Hier hoffe er auf Moon. Der sei seinen alten Vorstellungen von der "Sonnenscheinpolitik gegenüber Nordkorea" verhaftet und glaube, so auch die Winterspiele besser schützen zu können. (Johnny Erling aus Peking, 2.1.2018)