Es geht bei der Klausur der Regierung um die Aufteilung des Kuchens, den einen wird gegeben, den anderen wird genommen.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Die neue türkis-blaue Regierung sucht und findet sich weitgehend im südsteirischen Schloss Seggau, währenddessen versammeln sich die Roten im niederösterreichischen Maria Taferl und versuchen sich in die noch ungewohnte Oppositionsrolle einzufinden. Die SPÖ ist erst einmal gegen alles, was ÖVP und FPÖ in ihrem ersten Arbeitseifer bei ihrer Klausur planen und beschließen, klassische Rollenaufteilung also.

Was die Regierung in Seggau auf Schiene bringt, ist nicht ganz neu, das wurde im Wahlkampf ausführlich thematisiert. Durch die Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder sollen pro Jahr 114 Millionen Euro eingespart werden. Eine andere Maßnahme der Regierung ist die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags für niedrige Einkommen. Einkommen bis zu 1948 Euro sollen davon profitieren, das beträfe laut Regierungsberechnungen im Jahresdurchschnitt etwa 450.000 Menschen, nicht aber jene, die Kleinstverdiener sind. Einkommen unter 1400 Euro zahlen bislang schon keine Arbeitslosenversicherung. Diese Maßnahme dürfte etwa 140 Millionen Euro pro Jahr an Einnahmenausfall kosten.

Nehmen und Geben

Im Vergleich mit der Indexierung der Familienbeihilfe könnte man sagen: Den einen wird genommen, den anderen wird gegeben. Genommen wird jenen im Ausland, gegeben wird jenen im Inland. Das kann man gut finden, und dafür gibt es auch Argumente. Auch die SPÖ hatte einer Kürzung der Mindestsicherung für im Ausland lebende Kinder – wenn auch zähneknirschend – zugestimmt. Umgesetzt wurde das wegen vehementer EU-Bedenken nicht. An der Ausgangsposition hat sich nichts geändert. Wie eine EU-konforme Lösung, der auch die betroffenen anderen Staaten zustimmen können oder müssen, ausschauen soll, ist noch offen. Offenbar will die neue Bundesregierung hier trotz aller Bekenntnisse zu den Grundsätzen der EU die Brechstange in die Hand nehmen und erst einmal einen nationalen Alleingang mit ungewissem Ausgang wagen.

Dass die Familienbeihilfe quasi als Lohnbestandteil für jene Frauen aus Ungarn oder der Slowakei, die in Österreich in der Pflege tätig sind, angesehen wird, war immer schon ein schlechtes Argument und nicht viel mehr als eine Ausrede, um diese Pflegerinnen nicht endlich angemessen entlohnen zu müssen. Jetzt aber soll die Familienbeihilfe gekürzt werden, doch Maßnahmen zu einer besseren Bezahlung – und damit zu einer Vermeidung des absehbaren Pflegenotstands in Österreich – sind nicht geplant.

Einseitige Kürzung

Gleiches gilt für das Ende der Aktion 20.000, mit der Arbeitsplätze für ältere Langzeitarbeitslose geschaffen werden sollen. Das Argument, dass es effizientere Maßnahmen geben mag, ist nachvollziehbar. Was passiert, ist aber eine einseitige Kürzung: Die Aktion 20.000 wird eingestellt, alternative Projekte wie ernsthafte Qualifizierungsmaßnahmen gibt es vorläufig nicht.

Noch nicht gefunden hat sich die Regierung beim Arbeitslosengeld. ÖVP-Chef Sebastian Kurz steht hier in klarem Widerspruch zu Sozialministerin Beate Hartinger-Klein von der FPÖ, was die Bezugsdauer betrifft. Entscheidende Punkte bei der Neugestaltung bleiben vorerst im Unklaren, mit einer Verschlechterung für Arbeitslose muss gerechnet werden. Dass es kaum drei Wochen nach der Angelobung kein konkretes Konzept gibt, kann man der Regierung aber schwer ankreiden – das ist Aufgabe der Opposition. (Michael Völker, 4.1.2018)