Standbild aus dem iranischen Fernsehen, 30. Dezember 2017

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Teheran – Die Reformfraktion im iranischen Parlament hat für die verhafteten Demonstranten Rechtsbeistand gefordert. "Es ist unsere legislative Pflicht den Verhafteten, besonders den Studenten, einen angemessenen Rechtsbeistand zu beschaffen", sagte die Abgeordnete Fatemeh Saeidi am Freitag.

Die Reformfraktion wolle daher in den nächsten 24 Stunden einen Antrag auf eine dringliche Sondersitzung im Parlament stellen, zitierte die Nachrichtenagentur ISNA Saeidi. Beim Freitagsgebet hatten der Hardliner Ahmad Khatami sowie Regimeanhänger Höchststrafen gegen einige der verhafteten Demonstranten gefordert. Einigen der Regimegegner könnte sogar die Todesstrafe drohen.

"Es besteht Anlass zur Sorge", sagte Saeidi. Daher solle auch eine parlamentarische Sonderkommission zumindest das Schicksal der verhafteten Studenten bei der Polizei und beim Geheimdienst verfolgen.

Es gibt keine bestätigten Angaben zur Anzahl der Verhafteten, die seit letzter Woche an Protesten gegen das Regime teilgenommen hatten. Es sollen Hunderte sein, aber die Rede ist auch von mehr als 1000 landesweit. Unter ihnen soll auch ein EU-Bürger sein. Ihm wird vorgeworfen, von ausländischen Geheimdiensten geschickt und Protestaktionen angeleitet zu haben. Seine Identität und Staatsangehörigkeit sind jedoch unklar.

Laut Innenministerium seien 90 Prozent der Verhafteten unter 30 Jahre. Daher wird vermutet, dass darunter auch viele Studenten seien. Jugendliche unter 20 sollen freikommen oder bereits frei sein, so das Wissenschaftsministerium. Bestätigt ist aber auch das nicht.

Sicherheitsrat tagt

Hinter verschlossenen Türen hat der Uno-Sicherheitsrat in New York sich am Freitag mit den Protesten im Iran befasst. Russland hatte die Beratungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einer von den USA beantragten öffentlichen Sitzung gefordert. Moskau wirft Washington eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iran vor.

Der UNO-Sicherheitsrat hat sich am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung mit den Protesten im Iran befasst. Dabei richtete die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, eine eindringliche Warnung an die Führung in Teheran: "Das iranische Regime ist jetzt vorgewarnt: Die Welt wird darauf schauen, was Sie tun."

Die USA hatten die Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats zu den regierungskritischen Protesten im Iran beantragt. Vor seiner öffentlichen Sitzung kam das wichtigste UNO-Gremium zunächst auf Antrag Russlands hinter verschlossenen Türen zusammen.

Vorwürfe gegen USA

Moskau wirft Washington eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iran vor und argumentiert, der Sicherheitsrat habe sich nicht mit den Protesten in dem Land zu befassen. Der russische Vertreter versuchte letztlich aber nicht, die öffentliche Sitzung des Sicherheitsrats zu verhindern. Der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow hatte zuvor gesagt, die USA würden "unter dem Vorwand der Sorge über die Demokratie und Menschenrechte" in die Souveränität anderer Staaten eingreifen.

Der französische UNO-Botschafter Francois Delattre stimmte nicht in die US-Anklage ein. Die jüngsten Ereignisse im Iran seien zwar "Besorgnis erregend", aber keine unmittelbare Bedrohung von Frieden und Sicherheit, sagte er. Sein britischer Kollege Matthew Rycroft beklagte jedoch, dass der Iran "seine legitimen Sicherheitsinteressen" in der Region zu oft in einer Art verfolge, die destabilisierend wirke und andere bedrohe sowie den Terrorismus unterstütze.

EU zurückhaltend

Um Zurückhaltung in dem Konflikt um die Iran-Proteste bemühte sich die Europäische Union. "Ohne den Eindruck zu geben, sich von außen her in ungewöhnlicher Art und Weise in die inneren Angelegenheiten des Irans einzumischen, wird man sehr genau prüfen müssen, welche Einflussnahme die EU haben kann", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitagabend der ARD. Mit Blick auf US-Präsident Donald Trump, der offen Unterstützung für die Regimegegner gezeigt hatte, sagte Juncker: "Diplomatie ist die Kunst des Feingefühls."

Die Proteste im Iran hatten am 28. Dezember in der Stadt Mashhad begonnen und sich binnen Tagen auf das ganze Land ausgeweitet. Bei gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften wurden 21 Menschen getötet, bevor die Proteste am Dienstag abflauten. Die iranische Führung mobilisiert seit Mittwoch ihre eigenen Anhänger zu Großkundgebungen.

Das von Präsident Hassan Rouhani angeführter Reformerlager befürchtet, dass die Hardliner die Proteste zu einem massiven innenpolitischen Gegenschlag nutzen könnten. "Wenn es noch mal zu solchen Unruhen kommt, werden die Menschen (gegen Rouhani) reagieren", warnte der Hardliner Ahmad Khatami beim Freitagsgebet. Er bezeichnete die Demonstrationen als "amerikanisch-israelische Verschwörung" und forderte mit Blick auf die Rolle der sozialen Medien bei den Protesten eine komplette Abschaltung des Internets.

Khatami sowie Regimeanhänger forderten auch Höchststrafen gegen einige der verhafteten Demonstranten. Einigen der Regimegegner könnte sogar die Todesstrafe drohen. Die reformorientierte Abgeordnete Fatemeh Saeidi forderte am Freitag, dass den verhafteten Demonstranten Rechtsbeistand gewährt werde. (red, APA, Reuters, 5.1.2018)