Der Beitritt der Türkei zur Europäischen Union ist zu einem Trugbild zerronnen, und so geschieht es auch mit der Wiedervereinigung Zyperns. Der Sieg der rechtskonservativen, dem türkischen Staatschef Tayyip Erdogan treu ergebenen Partei der nationalen Einheit (UBP) bei den Parlamentswahlen am Sonntag zementiert nicht nur den Status quo im türkischen Teil der Insel. Er treibt Griechen und Türken auch weiter auseinander.

Das Wahlergebnis in der international nicht anerkannten "Republik Nordzypern" der Türken ist auf den ersten Blick nicht verwunderlich. Die vorgezogene Wahl des kleinen Parlaments in Lefkoşa folgte auf das Scheitern der Zypernverhandlungen im Sommer vergangenen Jahres. Sie galten als die intensivsten Verhandlungen seit der Teilung der Insel 1974 und als wohl letzte Chance, die beiden Volksgruppen in einem neuen föderalen Staat zusammenzuführen. Die UBP hat diese Verhandlungen vor allem in der Schlussphase nicht unterstützt. Dem reformorientierten "Präsidenten" der türkischen Zyprioten, Mustafa Akinici, der die Verhandlungen für seine Volksgruppe führte, fiel sie oft genug in den Rücken.

Auf eine neue Runde hat nun wirklich keiner mehr Lust – weder im türkischen Norden noch im griechischen Süden. Aber politische Weiterentwicklungen wären denkbar gewesen: die Rückgabe der von der türkischen Armee besetzten Geisterstadt Varosha an der Südküste an die Griechen, die Öffnung des danebenliegenden Hafens von Famagusta für den Handel der Türken oder die Aufwertung des Flughafens Ercan im türkischen Teil. Eine Reformregierung im Norden wäre dazu nötig gewesen, nicht das alte Ankara-treue Establishment der UBP. Und wohl die Wiederwahl des amtierenden zypriotischen Präsidenten Nikos Anastasiades im griechischen Teil später in diesem Monat.

Hilfe Brüssels notwendig

Ebenso wenig wie Europa den EU-Beitritt der Türkei nun ersatzlos streichen kann, lässt sich das Zypernproblem als eben nicht lösbar abhaken. Die gesamte Insel ist schließlich im Jahr 2004 Mitglied der Europäischen Union geworden – auch der türkische Teil, den die zypriotische Regierung nicht kontrolliert und den die Türkei militärisch besetzt hält. Weitere, praktische Hilfe Brüssels für die auf Zypern geborene, türkische Inselbevölkerung, ist sicherlich geboten. Sie hat ohnehin meist einen EU-Pass, bleibt aber weitgehend isoliert.

Ein Teil dieser türkischen Zyprioten, der sich mit dem politischen Stillstand im Norden nicht abfinden will, wird nun selbst die Initiative ergreifen und noch stärker Freizügigkeit und Dienstleistungen im griechischen Süden in Anspruch nehmen, die ihm rechtlich zustehen: Schulen, Ausbildung, Gesundheitsversorgung. Oder gleich ganz zu den Griechen übersiedeln. (Markus Bernath, 8.1.2017)