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Bergstürze und reißende Wildbäche begannen vor rund 25 Millionen Jahren das Bild der heutigen Alpen zu prägen. Innerhalb weniger Millionen Jahre entstanden aus einer ursprünglich hügeligen Landschaft die tiefen und steilen Alpentäler.

Foto: REUTERS/Arnd Wiegmann

Bern – Die typischen V-förmigen Täler und steilen Talflanken der Alpen sind in einem äußerst kurzen Zeitraum entstanden, geologisch betrachtet beinahe "plötzlich". Am Beispiel des Bergmassivs Rigi kamen Berner Geologen zu dem Schluss, dass sie kaum fünf Millionen Jahre für ihre Entstehung benötigten. Mit digitalen Technologien rekonstruierten die Forscher erstmals diese Entwicklung anhand versteinerter Flussläufe.

Reißende Wildbäche und Bergstürze haben vor rund 25 Millionen Jahren das Bild der heutigen Alpen zu prägen begonnen. Die Rigi besteht aus versteinertem Flussschotter, welcher von der Ur-Reuss aus den Alpen ins Mittelland transportiert wurde und so die Landschaftsgeschichte dokumentiert. Damit war es zum ersten Mal möglich, die Entwicklung der alpinen Landschaft im Detail zu rekonstruieren, wie die Wissenschafter in der Fachzeitschrift "Scientific Reports" berichteten.

Versteinerte Flussläuf

Die Ur-Reuss entsprang vor 30 Millionen Jahren einer hügeligen Landschaft, vergleichbar mit dem Schwarzwald unserer Zeit. Im heutigen Rigi-Gebiet liegen Schicht für Schicht versteinerte Flussläufe der Ur-Reuss, die damals durch diese Landschaft floss. Diese mehreren Tausend Flussläufe haben sich im Lauf der Zeit zu harten Gesteinen, sogenannten Nagelfluhbänken, verbacken.

Gerölle, welche die Flüsse in das Gebiet der heutigen Rigi transportierten, sind heute in den Nagelfluhbänken eingeschlossen. Das Forscherteam um Philippos Garefalakis vermaß jede einzelne Bank und über 5.000 Flussgerölle vom Fuß bis zum Gipfel der Rigi. Mit konventionellen Methoden wäre dies kaum zu bewältigen. "Dank dem Einsatz digitaler Technologien waren wir zum ersten Mal in der Lage, diese große Datenmenge zu erheben", so Garefalakis. Dabei wurden Gesteine im Gelände fotografiert und anschließend mit dem Computer halbautomatisch vermessen. So soll es in Zukunft möglich sein, auch die anderen Flussablagerungen am Alpenrand quantitativ zu untersuchen.

Dramatische Landschaftsveränderungen

Es zeigte sich, dass die versteinerten Flussläufe am Fuß der Rigi 30 Millionen Jahre, jene auf dem Gipfel 25 Millionen Jahre alt sind. Zudem sind die Flussläufe unten am Berg zwei bis vier Meter tief und bestehen aus faustgroßen Geröllen. Auf der Spitze bestehen die Flussläufe aus kopfgroßen, chaotisch gelagerten Geröllblöcken mit einer Tiefe von weniger als einem Meter.

Daraus schlossen die Wissenschafter, dass die Ur-Reuss im Laufe von fünf Millionen Jahren einen Wildbachcharakter angenommen und eine kilometerbreite Schotterebene gebildet hatte. "Die Landschaft im Quellgebiet der Ur-Reuss muss sich dramatisch verändert haben", so Garefalakis. Die einstige Auenlandschaft wurde immer steiler und die Flüsse transportierten mehr Geröll. Ausgelöst wurde die einschneidende Veränderung durch eine starke Hebung der Alpen im Einzugsgebiet der Ur-Reuss. (APA, red, 9.1.2018)