Princeton/Wien – Dass zu den Opfern kriegerischer Konflikte auch Wildtiere zählen, vermag nicht zu überraschen. Der genaue Einfluss von Kriegen auf Tierpopulationen ist aber umstritten, vergangene Studien kamen zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. So stehen Beispiele von Konflikten, in denen Arten in großer Zahl dezimiert wurden, Fällen gegenüber, in denen Biodiversität und Populationsgrößen in umkämpften Gebieten eher zunahmen.

Joshua Daskin und Robert Pringle von der Universität Princeton haben nun in einer umfangreichen Studie erstmals quantitativ erhoben, wie sich Kriege in den vergangenen sieben Jahrzehnten auf die Zahl großer Säugetiere in afrikanischen Schutzgebieten ausgewirkt haben. Demnach hatten bewaffnete Konflikte auf den Gebieten heutiger Nationalparks durch die Bank negative Folgen für die Bestände großer Säuger wie Elefanten, Flusspferde, Nashörner, Giraffen oder Antilopen.

Ein Flusspferd im mosambikanischen Nationalpark Gorongosa. Hier verschwanden während der Unabhängigkeits- und Bürgerkriege mehr als 90 Prozent der großen Wildtiere.
Foto: Joshua Daskin

Rasanter Rückgang

Im Detail zeichnet das Ergebnis der im Fachblatt "Nature" erschienenen Studie aber ein unerwartetes Bild: Die Häufigkeit kriegerischer Auseinandersetzungen ist der Hauptfaktor für den Rückgang ansonsten stabiler Tierpopulationen, die Größenordnung und das zerstörerische Ausmaß eines Krieges spielen dabei aber keine wesentliche Rolle.

Ihren Anfang nahm die Untersuchung im Nationalpark Gorongosa in Mosambik, der, wie sich herausstellen sollte, exemplarisch für das Gesamtergebnis der Studie steht. Der Park zählte einst zu den arten- und populationsreichsten Schutzgebieten Afrikas. Doch während des Kampfes um die Unabhängigkeit von der portugiesischen Kolonialmacht und des darauffolgenden 16-jährigen Bürgerkrieges brachen die Tierbestände dramatisch ein, um mehr als 90 Prozent. Im vergangenen Jahrzehnt erholte sich die Tierwelt von Gorongosa dank umfangreicher Schutzmaßnahmen wieder.

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Giraffen in Kenia. Auch diese imposanten Wiederkäuer fallen kriegerischen Konflikten – indirekt – zum Opfer.
Foto: Reuters/BAZ RATNER

Chance auf Regeneration

Daskin und Pringle weiteten die Analyse aus: Sie sammelten Daten zu regionalen Wildtierbeständen von 1946 bis 2010 und untersuchten, wie viele bewaffnete Konflikte im selben Zeitraum in diesen Gebieten stattfanden und wie lange sie andauerten. Am Ende kristallisierten sich Daten zu 253 Populationen aus 36 Spezies in insgesamt 126 Schutzgebieten heraus, verteilt über den gesamten afrikanischen Kontinent.

Demnach waren 71 Prozent der Schutzgebiete im untersuchten Zeitraum von mindestens einem bewaffneten Konflikt betroffen, im Durchschnitt etwa neun Jahre lang. Das Auftreten von Kriegen führte stets rasch zum Rückgang der Bestände großer Säugetiere, unabhängig von der Größenordnung des Konflikts.

Nashörner im südafrikanischen Hluhluwe-iMfolozi-Park, dem ältesten Nationalpark Afrikas.
Foto: Joshua Daskin

"Das dürfte zum größten Teil sozioökonomische Ursachen haben", sagt Daskin. Allen voran das Wegbrechen stabiler Institutionen sowie eine unsichere Lebensmittelversorgung – beides begünstige die Jagd auf Wildtiere enorm. Zur vollständigen Ausrottung ganzer Tierpopulationen kam es aber nur selten. Pringle sieht darin wichtige Implikationen für die Erhaltung gefährdeter Arten: "Der Nationalpark Gorongosa zeigt, dass sich durch die richtigen Maßnahmen Populationen und funktionierende Ökosysteme auch nach fast vollständiger Auslöschung wieder nachbilden können." (David Rennert, 10.1.2018)