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Jedes Baby ein Grund zur Freude – oder doch nur bestimmte Babys?

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Über 32.000 Glückwunsch-Posts, Likes und Retweets mit breiter prominenter Beteiligung, großes internationales Echo: Der Facebook-"Blumenregen" (#flowerrain), den Caritas-Mann Klaus Schwertner für das Wiener Neujahrsbaby Asel ins Leben gerufen hat (und der von Facebook vorübergehend gelöscht worden war), übertrifft die Erwartungen des Initiators bei weitem. Es scheint, als würden Österreich und die Welt das Baby doch noch willkommen heißen, nachdem es anfangs Hasspostings regnete – wegen des ausländisch klingenden Namens, wegen des Kopftuchs seiner Mutter, der schwarzen Haare seines Vaters.

Es ist gut, dass es nun als Gegenpol #flowerrain gibt, und es ist noch besser, dass sich sehr viele Menschen daran beteiligt haben. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, sowie der ehemalige Bundeskanzler und nunmehrige Oppositionspolitiker Christian Kern sind dem Aufruf gefolgt und haben gute Wünsche an Asel formuliert, detto Kardinal Christoph Schönborn oder etwa der EU- und ÖVP-Politiker Othmar Karas. Je mehr Menschen sich beteiligten, desto auffälliger wird das Schweigen der Regierung: Bis dato hat sich laut Schwertner nicht ein Mitglied der Koalition dazu aufgerafft, etwas Nettes zu schreiben.

Familienpartei?

Man fragt sich, warum nicht: Ist nicht jedes Baby ein Grund zur Freude? Oder ist es nur dann erfreulich, wenn es in eine bestimmte – autochthon österreichische – Familie hineingeboren wird? Das ist der einzig logische Schluss, den man ziehen kann.

Denn ansonsten hätte die ÖVP ihren Anspruch, "die Familienpartei" zu sein, über Silvester aufgegeben. Da man sich aber gerade erst auf einen steuerlichen Familienbonus geeinigt hat, kann das wohl nicht sein.

Die Haltung der FPÖ (und der "Kronen Zeitung") ist dagegen einmal mehr klar: Man ist schlicht und einfach gegen Ausländer, vor allem wenn ihre Religion der Islam ist – egal ob es sich um Flüchtlinge oder Migranten handelt.

Einfach gegen Ausländer

Nicht zufällig hat sich Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, gerade als die #flowerrain-Initiative anlief, darüber alteriert, dass Mohammed schon der drittbeliebteste Vorname sei. Und die "Krone" hat das willig verbreitet.

Die angesehene (konservative) politische Journalistin und Kommentatorin Anneliese Rohrer hat das Regierungsprogramm in Hinblick auf Ausländer kürzlich einmal "niederträchtig" genannt. Es gehe um die Pflege von Feindbildern, man schüre Neid und Missgunst, anstatt Lösungen für tatsächlich bestehende Probleme anzubieten. Dem kann man nicht widersprechen – das Verhalten oder, besser, Nichtverhalten zu den Beschimpfungen für Neujahrsbaby Asel spricht genau diese Sprache.

Alles soll normal sein

Im #flowerrain-Aufruf heißt es, man möge dem Baby etwas Gutes für sein weiteres Leben wünschen. Das sei an dieser Stelle, dass schleunigst wieder Normalität in Asels Leben eintreten möge. Dass einfach gar nichts anderes passiert, als dass sie trinkt, schläft, verdaut und allmählich heranwächst. Dass sie nicht zu sehr unter Koliken leide und dass sie das Zahnen nicht zu arg plagt. Sie soll einfach sein dürfen, größer werden und jeden Tag etwas Neues, Spannendes dazulernen – und irgendwann, wenn sie groß ist, selber entscheiden, ob und wie öffentlich ihr Leben sein soll.

Als Kinder wünschen sich die meisten Menschen vor allem, so zu sein wie alle anderen, gar nicht besonders aufzufallen, als natürlicher Teil einer Gemeinschaft wahrgenommen zu werden. Der Wunsch nach Abgrenzung, danach, etwas Besonderes zu sein, kommt später. Das Unauffällige ist Asel momentan nämlich nicht beschieden. Dafür haben die Hassposter schon gesorgt. (Petra Stuiber, 11.1.2018)