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In den Augen vieler Marktteilnehmer zeichnet sich nach 30 Jahren eine nachhaltige Trendwende bei den US-Zinsen ab.

Foto: AP Photo/Peter Morgan

Wien – "Früher dachte ich, wenn es eine Wiedergeburt gibt, will ich als Präsident, Papst oder Baseballstar zurück auf die Erde kommen. Inzwischen aber möchte ich als Staatsanleihenmarkt wiedergeboren werden. Da kannst du jedem Angst einjagen." Diese Aussage stammt vom US-Politikberater James Carville, früher auch Wahlkampfmanager von Expräsident Bill Clinton – und sie gibt die Aufregung an der Wall Street nach dem kurzzeitigen Abverkauf von US-Schuldtiteln gut wieder.

Auslöser war zur Wochenmitte ein Bericht der Finanznachrichtenagentur Bloomberg, wonach China, mit einem Bestand an Staatsanleihen von 1,2 Billionen Dollar größter Auslandsgläubiger der Vereinigten Staaten, eine Drosselung der Käufe von US-Schuldverschreibungen erwäge – wobei laut Insidern Spannungen in den Handelsbeziehungen beider Länder eine Rolle spielen sollen.

Am Donnerstag entgegnete Peking den Spekulationen: Der Bericht könne auf falschen Informationen beruhen, hieß es aus der Devisenaufsicht Safe, man richte sich "professionell nach dem Marktbedingungen und dem Investitionsbedarf". Allein, die Rendite zehnjähriger Staatsbonds hat seit September um mehr als einen halben Prozentpunkt zugelegt und verharrt trotz dieses Dementis mit 2,56 Prozent auf dem höchsten Niveau seit März 2017.

Entsprechend groß bleibt die Nervosität, zumal sich in den Augen vieler Marktteilnehmer eine nachhaltige Trendwende bei den US-Zinsen abzeichnet, nachdem diese seit drei Dekaden nur eine Richtung kannten: nach unten. Damit soll nun Schluss sein, wenn es nach dem Anleihenguru Bill Gross geht: Er sagt bei US-Staatsanleihen einen Bärenmarkt voraus, also tendenziell sinkende Kurse und steigende Renditen.

Fed baut Bestände ab

Dafür spricht auch, dass die US-Notenbank Fed endgültig die Bestände aus ihren früheren Anleihenkäufen abbauen will. Bis zum Vorjahr hatten die Währungshüter, mit 2,4 Billionen Dollar größte Financiers des US-Staatshaushaltes, die Bestände rolliert, also nach einer Tilgung im gleichen Volumen nachgekauft. Der Chef des Fed-Ablegers in Dallas, Robert Kaplan, bekräftigte zuletzt, dass die geplante Abschichtung weiterhin machbar sei.

Dieser verringerten Nachfrage nach US-Staatsanleihen steht nun auch ein höherer Finanzierungsbedarf gegenüber. Die von Präsident Donald Trump angestoßene Steuerreform werde zu steigenden Defiziten des US-Haushalts führen, hatte das Finanzministerium bereits im November angekündigt.

Die Stimmung wurde zuletzt zusätzlich durch die Bank of Japan belastet, die am Dienstag eine Verringerung ihrer Käufe von japanischen Staatsanleihen ankündigte – was Spekulationen schürte, dass die Notenbank eine geldpolitische Straffung noch in diesem Jahr vorbereite. Und die EZB hat per Jahresbeginn das Volumen ihres Kaufprogramms bereits halbiert, und auch die interne Diskussion um eine Zinswende im Euroraum wird intensiver, wie aus dem Protokoll der Dezember-Zinssitzung der EZB hervorgeht.

Heuer weitere Zinsschritte

Diesbezüglich ist die Fed einige Schritte weiter, die ihren Leitzins im Dezember auf die Spanne von 1,25 bis 1,5 Prozent gehievt hat. Beobachter gehen heuer von drei bis vier weiteren Zinserhöhungen aus. Dies könnte zu einer weiteren Abflachung der Zinskurve, gemessen am Renditeunterschied zwischen zwei- und zehnjährigen Bonds, führen. Aktuell liegt dieser wegen sehr stark gestiegener zweijähriger Zinsen mit gut einem halben Prozentpunkt auf dem tiefsten Stand seit der Finanzkrise.

Diese wurde übrigens, wie auch die Rezession nach der Jahrtausendwende, durch eine negative US-Zinskurve angekündigt. Der Marktstratege Ariel Bezalel vom Fondsanbieter Jupiter sieht nun im Abbau der Fed-Anleihenbestände kombiniert mit Zinserhöhungen "ein signifikantes Risiko – vor allem in diesem späten Stadium des Konjunkturzyklus". (Alexander Hahn, 11.1.2018)