Moderne Inszenierung oder faschistische Ästhetik? Die Meinungen über den FPÖ-Wahlkampfauftakt in Tirol gehen auseinander.

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Innsbruck – Flankiert von schwarz gekleideten Trommlern und unterlegt mit martialisch-hymnischer Musik marschierten die FPÖ-Granden am Mittwoch zum Start des Tiroler Landtagswahlkampfs auf. Die Bilder würden eine faschistische Ästhetik aufgreifen und erinnerten an Versammlungen der Nationalsozialisten, sagt der Innsbrucker Politologe Bernhard Natter: "Die großen Trommeln, die uniforme Kleidung – es wird bewusst damit gespielt."

FPÖ kokettiert mit faschistischer Ästhetik

Der Tiroler FPÖ-Chef und Spitzenkandidat Markus Abwerzger weist diese Kritik entschieden zurück. Die Trommlergruppe trete auch beim Nova-Rock-Festival auf, daher seien derartige Unterstellungen obsolet. Natter wiederum verweist auf die kritische Auseinandersetzung mit derlei Symbolik in der Rockmusik: "Gruppen wie Laibach verwendeten ebenfalls solche Bilder, jedoch in kritischer Absicht." Bei der Inszenierung der FPÖ sei dieser kritische Ansatz ganz klar nicht gegeben. Im Gegenteil, man kokettiere mit dieser "machistisch-militaristischen Ästhetik", so Natter.

Der Auftritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache in Innsbruck.

Die verstörenden Bilder sorgen auch international für Aufsehen. So teilte der deutsche Satiriker Jan Böhmermann das Video vom Einzug Straches, flankiert von den Trommlern, in seinen Social-Media-Kanälen und kommentierte es süffisant mit: "Österreich ist wieder wer." Dass man mit der Show das Ansehen Österreichs im Ausland beschädige, verneint Abwerzger aber entschieden: "Böhmermann ist nicht ernst zu nehmen. Der verschießt bloß seine Giftpfeile unter dem Deckmantel der Satire." Vielmehr unterstellt Abwerzger all jenen, die hinter der Inszenierung faschistische Ästhetik sehen, "Verharmlosung des Nationalsozialismus".

Jan Böhmermanns Tweet zum Wahlkampfauftakt der Tiroler FPÖ.

Doch auch der Politologe und Rechtsextremismus-Experte Reinhold Gärtner bezeichnet die Choreografie der Tiroler FPÖ als "problematisch" sowie "martialisch bis peinlich". Dass als Wahlkampfleiter Patrick Haslwanter dafür verantwortlich zeichnet, der auch Spitzenkandidat im Bezirk Innsbruck-Land ist, spricht für Gärtner Bände. Denn Haslwanter gilt als rechter Hardliner, der unter dem vorigen FPÖ-Obmann Gerald Hauser sogar aus der Partei ausgeschlossen wurde. "Unter Abwerzger rückt die FPÖ in Tirol wieder deutlich nach rechts", erklärt der Politologe.

Künstler und Filmemacher Thomas Draschan hat auf seiner Facebook-Seite die Bildsprache der Tiroler FPÖ mit historischen Fotos verglichen.

FPÖ will in Tirol mitregieren

Inhaltlich bot sich Abwerzger beim Wahlkampfauftakt bereits ganz offen der Volkspartei als Koalitionspartner an – weil auf dem Weg zum Mitregieren an der ÖVP kein Weg vorbeiführe. Das Wahlziel sei die Regierungsbeteiligung. Man wolle Platz zwei erobern, sagt Abwerzger. Er unterschied dabei klar zwischen der türkisen Bundes-VP als Positivbeispiel und der "tiefschwarzen" Landes-VP als "reformunwillig". Politologe Gärtner vermutet dahinter die Absicht, sich auf Landesebene im Wahlkampf weiter als Oppositionspartei zu positionieren, was auf Bundesebene ja nicht mehr möglich sei.

Abwerzger kündigt an, dass man im Wahlkampf auf die Hilfe der Bundespartei setzen werde. Die Minister Norbert Hofer, Herbert Kickl und Beate Hartinger hätten ihr Kommen bereits zugesagt, und auch Strache werde vor der Wahl noch einmal in Tirol vorbeischauen. Die FPÖ hat sich selbst eine Budgetobergrenze von 850.000 Euro für den Landtagswahlkampf auferlegt. Dass die Freiheitlichen dazugewinnen werden, steht außer Frage. Vor allem da sie von einem sehr niedrigen Niveau starten. Bei der Landtagswahl 2013 kamen sie nur auf 9,34 Prozent der Stimmen.

ÖVP: Kritik ist berechtigt

Seitens der ÖVP reagierte Landeshauptmann Günther Platter betont diplomatisch auf die FPÖ-Inszenierung. Am 25. Februar würden die Wähler entscheiden. Die ÖVP werde danach mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen das Gespräch suchen. Deutlicher formulierte es VP-Klubobmann Jakob Wolf: "Die Tiroler Freiheitlichen von Markus Abwerzger haben seit Jahren ein Problem, sich von Rechtsextremisten abzugrenzen. Fast im Wochenrhythmus wurden in den letzten Monaten Parteigänger und Funktionäre aus dem Dunstkreis der FPÖ einschlägig verhaltensauffällig. Gerade deshalb hätte ich mir mehr Sensibilität von Markus Abwerzger erwartet. Diese Inszenierung war peinlich und völlig unnötig und sorgt zu Recht für Kritik." (Steffen Arora, 12.1.2018)