Juristin Claudia Kahr will nicht länger Asfinag-Aufsichtsratschefin sein.

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Viel deutlicher kann man es kaum sagen: Die Position einer Aufsichtsratsvorsitzenden gründe stark auf Vertrauen – auf beiden Seiten, begründete Claudia Kahr ihren Rückzug aus der staatlichen Straßenbauholding Asfinag. Vollzogen hat die 62-jährige Juristin diesen Rückzug bereits vor einem Monat, als noch ihr Parteifreund, der Sozialdemokrat Jörg Leichtfried, zuständiger Minister war. Mit dem Freiheitlichen Norbert Hofer als Minister wolle sie nichts mehr zu tun haben. Das hat Kahr mit ihrem Schritt und ihrer Begründung deutlich gemacht.

Die aus Graz stammende Arzttochter, im Hauptberuf seit 1999 Mitglied des Verfassungsgerichtshofs, hat damit einen Schritt getan, der in Österreich unüblich ist. Man geht hierzulande eher nicht, man wird gegangen. Kein Wunder also, dass ihr Rücktritt auch unter Parteifreunden nicht ungeteilte Zustimmung erfährt: Gerade wenn man dem neuen Minister nicht traue, müsse man diesem im Aufsichtsrat auf die Finger schauen und geplante, politisch motivierte "Umfärbungen" des Gremiums nicht unnötig erleichtern, ist zu hören.

Direkt und schnörkellos

Andererseits passt dieser Schritt zu Kahr: Sie gilt als geradlinig, konsequent und unkonventionell – mit allen Konsequenzen. Diplomatie ist nicht ihre Stärke, sie ist im persönlichen Kontakt direkt und schnörkellos – gut möglich, dass Hofer sie ohnehin in Kürze abgelöst hätte. Immerhin war es eine seiner ersten Amtshandlungen, Brigitte Ederer, einer langjährigen Freundin Kahrs, die Verabschiedung als ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzende anzukündigen.

Mit Ederer verbindet sie ein wichtiger Abschnitt in ihrem Leben: Bis zum EU-Beitritt 1995 fungierte sie als Büroleiterin der damaligen EU-Staatssekretärin, gemeinsam arbeitete man daran, den Österreichern die Mitgliedschaft in der Union näherzubringen. Bald darauf zog es sie in den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts, später wurde sie vom damaligen Kanzler Viktor Klima (SPÖ) ins Höchstgericht berufen. Dort fiel sie noch in den späten 1990er-Jahren, unter den vielen gesetzt und klassisch gekleideten Kollegen, auf, weil sie gern Hosen und bunte Pumps trug.

Als Verfassungsrichterin genießt Kahr den Ruf einer exzellenten, hart arbeitenden und unbeirrbaren Juristin. Dennoch protestierte die ÖVP bei Kahrs Bestellung 2010 zur obersten Asfinag-Prüferin lautstark gegen die "Rote". Einen ähnlichen Wirbel im Abgang hat sie sich durch ihren Schritt zurück selbst erspart. (Petra Stuiber, 13.1.2018)