Molekularbiologe und Science-Buster Martin Moder – im ORF ist er erstmals am Dienstag um 23 Uhr zu sehen.

Foto: ORF/Hubert Mican

Martin Puntigam (links) im Winterfell und Martin Moder. Im Hintergrund ist das Gehirn einer Fruchtfliege zu sehen.

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Wien – Themen wie das Gehirn von Fruchtfliegen oder die Frage, ob ein Produkt aus dem Labor eines Tages das reguläre Fleisch ersetzen und die Massentierhaltung reduzieren kann, sind das Metier von Wissenschafter und Neo-Science-Buster Martin Moder. "Ein Steak kann man nicht züchten", erklärt der 30-jährige Molekularbiologe. In Zellkultur könne man zwar Muskulatur gewinnen, aber: "Das große Drama ist, dass es keine Blutversorgung gibt." Würde man jedoch hunderttausende Muskelstreifen züchten, sie auf einen Haufen werfen und färben, hätte man quasi Faschiertes.

Ob das gemacht wird, sei also weniger eine technische Frage, sondern eine der Akzeptanz der Konsumenten, sagt Moder zum STANDARD: "Hätte jeder das Bedürfnis, auf dieses Fleisch umzusteigen, könnten wir gar nicht so schnell schauen, und es wird ein Massenprodukt, das sich jeder leisten kann." Ob er eine zeitliche Prognose wagt? "Ich wäre sehr verwundert, wenn es nicht spätestens in 20 Jahren kommerziell verfügbar ist."

Winter is coming

Moder ist seit dieser Staffel neu im Team der "Science Busters", die im ORF dienstags um 23 Uhr Wissen mit Kabarett verbinden. Zu sehen ist er im TV in vier Folgen, die Aufgaben sind dabei klar verteilt: "Wir sind die Fachidioten, die Dramaturgie macht Mastermind Martin Puntigam." Nur Klamauk zu liefern wäre ihm zu wenig: "Es ist mir wichtig, dass jeder etwas mitnimmt." In der ersten Folge mit dem Wiener geht es um die Fantasyserie "Game of Thrones" und elementare Fragen wie: Müssen Zombies im Winter Reifen wechseln? Wer leert das Drachenklo aus, wenn Daenerys auf Urlaub fährt? Kann man am Eisernen Thron auch Kühlschrankmagneten befestigen? Der Dresscode lautet: Winterfell.

Die Sicherheit auf der Bühne hat sich Moder beim "Science Slam" geholt. Das sind Kurzvortragsturniere, bei denen Wissenschafter über ihre Forschung sprechen. In einem Fliegenkostüm hielt der Wiener 2014 den Vortrag "Hirnamputierte Fruchtfliegen zur Tumorbekämpfung" und wurde damit zum ersten Science-Slam-Europameister gewählt.

ScienceSlamAustria

Moders Werdegang, kurz erzählt: Tutor, Science-Slam-Teilnehmer, Buchautor und Science-Buster. In Kürze wird der Molekularbiologe am Zentrum für Molekulare Medizin in Wien vom Master zum Doktor avancieren.

Einfach, aber nicht falsch

Grundsätzlich sei es für Wissenschafter nicht so einfach, Kabarett zu spielen und einen Spannungsbogen aufzubauen: "Wir sind es gewohnt, gleich am Anfang zum Punkt zu kommen und alles zu verraten." Was die Wissensvermittlung so schwierig macht, ist der Balanceakt zwischen Tiefe und Verständlichkeit: "Man muss zwangsläufig vereinfachen, was aber nicht heißt, dass es falsch wird." Das Ziel sei, eine "Annäherung an die volle Wahrheit" zu finden. Nach dem Motto: "Zu sagen, die Erde ist flach, ist eindeutig falsch. Zu sagen, die Erde hat die Form einer Kugel, ist aber auch falsch, weil die tatsächliche Form mehr jener eines Eis ähnelt."

Ein weiteres Beispiel, das in sein Fachgebiet fällt: "Man hört ständig, dass die DNA in jeder Zelle unseres Körpers ist." Diese Botschaft sei leicht vermittelbar, aber de facto falsch, denn: Zum Beispiel befinde sich in Blutzellen keine DNA. "Erkläre ich das Kindern, würde ich nie meinen Punkt vermitteln können", sagt Moder, "der größte Schaden ist, den Leuten zu sagen, dass es so kompliziert ist, dass sie sich nicht damit auseinandersetzen brauchen."

Weniger Meinung und Ideologie

Mehr wissenschaftliche Auseinandersetzung und weniger "Meinung und Ideologie" wünscht sich Moder bei Themen wie dem Klimawandel: "Den wissenschaftlichen Konsens beim Klimawandel vom Tisch zu wischen lässt sich rational nicht rechtfertigen." Meinung könne nie mit fundierter Datenlage konkurrieren. Oder beim Thema Genetik. Ideologie gehe oft vor Empirie, kritisiert er: "Wenn etwas, das genetisch verändert wird, sich als sinnvoll herausstellt, dann sollte es auch angenommen werden."

Kein Problem hat der Wissenschafter hingegen mit Astrologie und Religion. Die Dosis macht hier das Gift: "Ich lese mein Horoskop ja auch gerne." Nicht, weil er daran glaube, sondern aus humoristischen Gründen. Und Religion könne durchaus als Quelle der Hoffnung fungieren, problematisch werde es nur, wenn "Leute ihr Leben danach ausrichten". Amen. (Oliver Mark, 16.1.2018)