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Stark übergewichtige Menschen haben neben gesundheitlichen Beschwerden auch mit einem geringen Selbstwertgefühl und sozialer Ausgrenzung zu kämpfen.

Foto: dpa-Zentralbild/Ralf Hirschberge

Von der Weltgesundheitsorganisation WHO wird Adipositas als chronische Krankheit eingestuft, die große gesundheitliche Risiken mit sich bringt: Betroffene entwickeln deutlich häufiger Stoffwechselstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten. Auch der Bewegungsapparat wird durch die große Körpermasse dauerhaft überbeansprucht.

In der Schweiz werden jährlich 5.500 Operationen wegen extremen Übergewicht durchgeführt. Dabei schneiden der Magenbypass und der Schlauchmagen ähnlich ab: Die Patienten verlieren dabei langfristig etwa zwei Drittel ihres Übergewichts, wie Forschende der Universität Basel im Journal of the American Medical Association (JAMA) berichten.

Derzeit gelten Eingriffe in der Bauchhöhle als die effizientesten Maßnahmen bei Übergewichtigen mit einem BMI über 35. Standardoperation ist der Magenbypass, bei dem der Magen durch ein Stück Dünndarm überbrückt wird. Immer häufiger werden Methoden wie der Schlauchmagen, der durch eine Verkleinerung des Magenvolumens entsteht, eingesetzt.

Enorme Verbesserungen

Zum Vergleich dieser beiden häufigen Operationsarten wurden in der Studie 217 schwer übergewichtige Patienten inkludiert, denen je zur Hälfte eine Magenbypass- oder eine Schlauchmagen-OP unterzogen wurden. Ihr Durchschnittsalter betrug 45,5 Jahre. 72Prozent waren Frauen.

Was den Gewichtsverlust betrifft, so führten die beiden Eingriffe zu ähnlichen Resultaten: Nach einem Magenbypass nahmen die Patienten 68 Prozent des Übergewichts ab, durch den Schlauchmagen 61 Prozent. Auch der BMI verringerte sich bei beiden Operationen von 44 auf 32. Verbessert wurden zudem Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes Typ 2, Stoffwechselstörungen, Rücken- beziehungsweise Gelenkschmerzen und depressive Verstimmungen, ebenso die allgemeine Lebensqualität.

Patienten mit bestehendem Magensäurereflux profitieren eher von einer Magenbypass-Operation: Bei diesem Eingriff wurden die Symptome bei 60 Prozent der Studienteilnehmer beseitigt, während es beim Schlauchmagen nur 25 Prozent waren. Zudem kam es nach einer Schlauchmagen-Operation deutlich häufiger zu einer Verschlechterung oder zum Neuauftreten von Magensäurereflux. Eine erneute Operation oder weitere Interventionen waren bei 22 Prozent der Magenbypässe und bei 16 Prozent der Magenschlauch-Operationen nötig.

Psychische Belastung

Doch auch die Psyche der Adipositas-Erkrankten kann unter der gesundheitlichen Belastung starke Schäden nehmen. "Wer Adipositas nur als Problem des Einzelnen sieht, der sich eben nicht beherrschen kann, greift zu kurz", sagt der deutsche Wissenschafter Harald Gündel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin. Allein diese körperlichen Probleme führen zu hohen beruflichen Ausfallzeiten und letztlich zu einer verringerten Lebenserwartung. Starkes Übergewicht ist aber auch eng verknüpft mit psychischen Krankheiten wie Depressionen oder Angstzuständen.

Oft sind diese Probleme eine Folge des geringen Selbstwertgefühls und der sozialen Ausgrenzung, mit der adipöse Menschen zu kämpfen haben. Wie die deutschen psychosomatischen Fachgesellschaften betonen, können die kausalen Beziehungen aber auch genau umgekehrt sein: In diesen Fällen ist das starke Übergewicht Ausdruck einer psychischen Störung oder Krise.

Überangebot an Nahrungsmittel

"Wir leben mit einem ständigen Überangebot von kalorienreichen Nahrungsmitteln, die unser natürliches Belohnungssystem ansprechen", erläutert Stephan Zipfel vom Universitätsklinikum Tübingen. Dieser ständigen Versuchung zu widerstehen, gelingt selbst psychisch Gesunden nicht immer. Und wer psychisch labil ist oder gerade eine Lebenskrise durchmacht, beginnt umso leichter mit dem sogenannten "Frust-Essen".

Zu den anerkannten Risikofaktoren für die Entstehung einer Adipositas zählen neben manifesten psychischen Störungen auch Schlafmangel, Stress oder die Einnahme bestimmter Medikamente. Psychotherapeutische Ansätze wie etwa eine Verhaltenstherapie könnten zwar zumindest kurzfristige Erfolge bringen, doch gebe es kaum langfristig wirksame Präventions- und Therapiekonzepte. (red, 19.1.2018)