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Am 23. April hält der Verbund seine jährliche Hauptversammlung ab

REUTERS/Heinz-Peter Bader

Wien – Bei den Regierungsverhandlungen wurde sie geradezu stiefmütterlich behandelt, jetzt scheint die Koalition bei der Verstaatlichten langsam in die Gänge zu kommen. Da die FPÖ auf ihre Zuständigkeit für ÖBB und Asfinag nicht verzichtete (und dort bereits Antrittsbesuche des Ministers gefeiert werden), musste die ÖVP von ihrem langgehegten Wunsch nach einer Standortholding Abstand nehmen.

Nun macht man sich daran, die auf Anteile an Post, Telekom Austria und OMV geschrumpfte Österreichische Bundes- und Industriebeteiligung GmbH (Öbib) um den teilstaatlichen Stromkonzern Verbund und die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) anzureichern.

Das ist, zumindest was den Verbund betrifft, rechtlich heikel. Denn wohl ressortiert Österreichs größter Energieerzeuger gemäß Bundesministeriengesetz inzwischen beim Finanzministerium, um aber einen Transfer in die Beteiligungsholding Öbib zu bewerkstelligen, muss das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (und mit ihm das zweite Verstaatlichtengesetz) geändert werden, was eine Zweidrittelmehrheit erfordert. Eine behutsame, rechtlich wasserdichte Vorgangsweise empfiehlt sich, denn die Übertragung könnte als Eigentümerwechsel interpretiert werden und bei dem börsennotierten Konzern ein Übernahmeangebot auslösen.

Zeit drängt

Zu all dem, das verlautet von mit der Materie betrauten Personen, drängt auch noch die Zeit. Denn am 23. April hält der Verbund seine jährliche Hauptversammlung ab, in der nicht nur die Dividende beschlossen wird (größter Aktionär ist der Bund), sondern auch Aufsichtsratsmitglieder ausgetauscht werden können. Das nicht nur aus parteipolitischen Gründen, sondern auch pragmatischen: Die Energiesektion ist neuerdings im Landwirtschaftsministerium, daher dürften auch die Tage des für die Vertretung des Verbund-Anteils zuständigen Beamten Harald Kaszanits im Verbund-Aufsichtsrat gezählt sein. Als Ablösekandidat gilt darüber hinaus der pensionierte Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm (SPÖ).

So einfach wie bei der ÖBB, wo Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) die Hauptversammlung ist und Gewährsleute wie Ex-ÖBB-Vorstandsdirektor Arnold Schiefer relativ einfach installieren kann im Kontrollgremium, ist es beim börsennotierten Verbund nicht. Ein Teil der zehn Kapitalvertreter – von Präsident Gerhard Roiss abwärts – wurde erst 2015 ins Kontrollgremium gewählt und müsste von sich aus gehen oder von der HV abgewählt werden.

Rochade in Etappen?

Gut möglich also, dass sich die Rochade in Etappen vollzieht, zumal sich die Vertrauensleute von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) um Wirtschaftskapazunder teils erst bemühen müssten. Hinzu kommt, dass die Corporate Governance hinsichtlich Frauenanteil einzuhalten ist, weshalb im Dunstkreis von Finanzminister Hartwig Löger der Verbleib von Wüstenrot-Chefin Susanne Riess und Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß (Josko) für nicht unwahrscheinlich gehalten wird.

Parallel dazu ist über den Verbleib von Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber und Finanzchef Peter Kollmann zu entscheiden, wobei Verbund-Präsident Gerhard Roiss wohl nicht gänzlich freie Hand haben dürfte. Wohl lasse man ihn über einen Headhunter suchen, bei der Bestellung wollen aber auch die Kernaktionäre EVN, Tiwag, und Wien Energie/Wiener Stadtwerke ein Wörtchen mitreden (haben zusammen rund 30 Prozent).

Arbeiten am Dach

Über all dem schwebt ein Großvorhaben: der Umbau der Öbib. Sie war als ÖIAG – nach dem Debakel rund um den Syndikatsvertrag mit América Móvil bei der Telekom Austria –, an die kurze Leine genommen worden, Öbib-Chefin Martha Oberndorfer durfte – anders als ihre Vorgänger in der ÖIAG – nicht in den Aufsichtsrat von Post, Telekom oder OMV. Die Beschickung der Aufsichtsräte im Namen des Staates übernahm ein mit Regierungsmitgliedern und rot-schwarzen Gewährsleuten besetztes Nominierungskomitee. Das soll sich nun wieder ändern, sagen Insider unter Berufung auf im Finanzministerium gewälzte Pläne, die ebendort nicht bestätigt werden. Die Öbib soll wieder eine Aktiengesellschaft werden, allerdings soll sich ihr Aufsichtsrat nicht selbst erneuern wie unter Schwarz-Blau I, sondern wieder politisch beschickt werden. (Luise Ungerboeck, 18.1.2018)