Nicht nur eine Immobilie, sondern auch Haus österreichischer Wirtschaftsgeschichte: die einstige CA-Zentrale.

Foto: APA / Herbert Neubauer

Wien – Wenn die Bank-Austria-Mitarbeiter Ende Mai ausziehen, müssen sie noch die bestehenden Ausgänge nehmen. Die ehrwürdige Zentrale der einstigen Österreichischen Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe am Wiener Schottenring wird dann einer neuen Verwendung zugeführt. Eine Supermarktkette mit großer Gastronomie wird im Erdgeschoß einziehen, das auch den historischen Kassensaal beherbergt.

Die Stockwerke darüber sind als Büroräume für einen Konzern vorgesehen, im Keller werden Safes und Tresore von einem Finanzdienstleister genutzt. So sieht es die Planung des Tiroler Projektentwicklers Pema vor, der gemeinsam mit der früheren Kika-Leiner-Eigentümerfamilie Koch die Immobilie vermarktet.

Das Prachtgebäude an der Wiener Ringstraße, das der einstige CA-Patron Albert Salomon Anselm von Rothschild sich und seiner Bank gönnte, hatte bei der Eröffnung 1912 einen Direktionseingang auf der Seite zum Ring. Von dort gelangten die Herren des Geldes direkt in das Oktogon, einen großzügigen, achteckigen Sitzungssaal.

Das Haupttor hatte nicht allzu lange Bestand. 1923 führte das finanzklamme Rote Wien eine "Stiegensteuer" ein, mit der die Hausherren der Stadt zur Kasse gebeten wurden. Die CA reagierte prompt: Sie riss die Treppe ab und sperrte den Eingang. Seither wird die Zentrale des Geldinstituts, das später in der Bank Austria aufging, von der Schottengasse aus betreten. Die Finanzierung der Monarchie und des Kriegs nahm ihren Lauf.

Schub für Große Depression

Internationale Schlagzeilen machte der Zusammenbruch der CA 1931. Börsencrash 1929, Konjunktureinbruch, Kreditausfälle und eine Zwangsfusion hatten das Institut arg gebeutelt. Trotz Rettungsaktion durch Republik und Nationalbank löste der Absturz weitere Bankenpleiten in ganz Europa aus und verlieh der Großen Depression einen neuen Schub, resümierte der Wirtschaftshistoriker Herbert Matis in einem Buchbeitrag.

Nach dem "Anschluss" fungierte die CA u. a. als KZ-Bank und räumte bei Arisierungen ab. 1997 kam es bei der Privatisierung zu einer schweren Koalitionskrise, weil die SPÖ-Granden den Staatsanteil an die der linken Reichshälfte zurechenbare Bank Austria verklopfte und den schwarzen Juniorpartner in der Regierung regelrecht überrumpelten.

Während diese Kapitel der CA-Geschichte längst geschlossen sind, wird das Haupttor bald wieder geöffnet, wie Pema-Chef Markus Schafferer ankündigt. 2019, nach dem Umbau des Gebäudes, sollen die Konsumenten das geplante Lebensmittelgeschäft auch vom Schottenring aus betreten können. Den Namen des Supermarktes kann der Unternehmer noch nicht verraten.

Bonzenheber für die Chefs

Mit dem Denkmalschutz – der entsprechende Bescheid wird laut Amtsleiter Friedrich Dahm kommende Woche erlassen – sei man in bester Abstimmung, versichert Schafferer. Erhaltungswürdig ist nicht nur der Großteil des Gebäudes, das von den Architekten Ernst Gotthilf und Alexander Neumann geplant wurde. Auch zahlreiche Möbel und anderes Inventar unterliegen dem Denkmalschutz. Legendär ist u. a. der "Bonzenheber", der nur von Vorstandsmitgliedern benutzt werden durfte.

Mit der Vermarktung des Gebäudes wird Pema zusehends zum Player in Wien. Davor wurde schon der Porr-Tower erworben und kürzlich mehrheitlich an koreanische Investoren verkauft. Seit dem Vorjahr hält die Koch-Familie 49 Prozent an Pema. Nach dem knapp 250 Millionen schweren Projekt am Schottenring sind weitere Vorhaben in der Pipeline. Druck hat Schafferer, der heuer 40 Jahre alt wird, dabei keinen. Pema sei auf keine Investoren angewiesen und entwickle nur Projekte, die neben Rendite Freude machen. "Ich will Unternehmer bleiben und kein Manager werden", lautet Schafferers Credo. (Andreas Schnauder, 19.1.2018)