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Wien – Für einen neuen Rekordwert hat es noch nicht gereicht, sehr wohl aber für die höchste Anzahl seit zehn Jahren. Annähernd 30.000 Firmengründungen registrierte die Wirtschaftskammer (WKÖ) im Vorjahr in Österreich, das entspricht einem Anstieg um fast zwei Prozent verglichen mit 2016. Das entspricht 115 Neo-Unternehmen, die jeden Tag aus der Taufe gehoben wurden. Dadurch seien insgesamt rund 70.000 neue Arbeitsplätze entstanden, betonte Kammerpräsident Christoph Leitl am Donnerstag bei der Präsentation der Gründungszahlen.

Um den Aufwärtstrend bei dem Gang in die Selbstständigkeit weiterhin aufrechtzuerhalten, spricht er sich für mehr Garantien für Gründungen statt Förderungen aus, wobei Leitl, seit Jänner auch Präsident der Europäischen Wirtschaftskammern, diese Maßnahme auch auf europäischer Ebene stärken will. Diese könnten andere Sicherheiten bei Bankkrediten für neue Firmen ersetzen, denn: "Das Haus der Schwiegermutter in Pfand zu geben ist nicht lustig." Zudem kann man laut Leitl so die Effektivität der eingesetzten Gelder erhöhen, da bei Garantien nur zwei bis drei Prozent tatsächlich schlagend würden. Diese wären ein "perfektes Instrument, um weitere Ermutigung für potenzielle Gründer zu schaffen".

Anstieg des Frauenanteils

Auffallend ist der kontinuierliche Anstieg des Frauenanteils an neuen Unternehmungen, der sich im Vorjahr auf 44,5 Prozent erhöhte – ein neuer Rekordwert in Österreich. Zum Vergleich: Im Jahr 2005, als mit 31.000 die bisher größte Anzahl an Neo-Firmen verzeichnet wurde, lag die Quote bloß bei 35,7 Prozent. "Frauen gründen typischerweise etwas später und in anderen Branchen", sagte Amelie Groß, Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft, und nannte etwa persönliche Dienstleistungen oder Werbung und Kommunikation.

Generell lag das Durchschnittsalter von Gründern bei 37 Jahren, wobei bei den Branchen keine Modeströmungen festzustellen waren, sondern es in die Breite ging – mit einem gewissen Schwerpunkt in den Bereichen Gewerbe sowie Handel. Als Rechtsform wählten etwas mehr als drei Viertel (nicht eingetragene) Einzelunternehmen, gefolgt von GmbHs mit einem Anteil von 12,5 Prozent.

Stammkapital

Wenig zufrieden zeigten sich Leitl und Groß damit, dass das Stammkapital einer GmbH innerhalb von zehn Jahren von 10.000 auf 35.000 Euro aufgestockt werden muss. "Das ist nicht mehr zeitgemäß", kritisiert die Vorsitzende der Jungen Wirtschaft. Ebenso stößt ihr die Mindest-KöSt sauer auf, die sie als unnötige Belastung empfindet. "Es ist nicht einzusehen, warum mit einer Steuer auf nicht vorhandene Umsätze junges Unternehmertum erschwert wird." Ebenfalls auf ihre Fahnen hat sich Groß einfachere und beschleunigte Rahmenbedingungen für Gründungen geheftet. Etwa eine Verringerung der Dauer bei der Vergabe von UID-Nummern, wo ihr statt derzeit rund zwölf Tagen Dauer eine Frist von 24 Stunden vorschwebt. Zudem sprach sie sich für eine rasche Umsetzung der digitalen Firmenbucheintragung aus.

Nicht nachvollziehen können Leitl und Groß das Argument, es sei vor allem der schwache Jobmarkt, der viele Menschen in die Selbstständigkeit getrieben habe – im Vorjahr seien bloß sieben Prozent der Gründer arbeitslos gemeldet gewesen. Vielmehr stehe dahinter der Wunsch nach mehr Flexibilität in der Zeit- und Lebensgestaltung bzw. jener, in Zukunft sein eigener Chef zu sein. (Alexander Hahn, 18.1.2018)