Im Vorjahr wurde der 5.000. Genossenschafter der Bank für Gemeinwohl gefeiert, mittlerweile sind es 6.000. Doch der Bankkonzession ist man trotz Mitgliederzuwachses keineswegs nähergekommen.

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Wien – Keine Spekulation, nachhaltiges Wirtschaften, Kooperation, Sinn vor Gewinn: Die Erreichung der Ziele, die von der österreichischen Gemeinwohl-Initiative verfolgt werden, gestaltet sich weit schwieriger als gedacht. Der Einstieg in den Zahlungsverkehr, den die Genossenschaft für Gemeinwohl als ersten Schritt zur Erlangung einer Bankkonzession plant, wurde von der Finanzmarktaufsicht kürzlich vereitelt. Das dürfte die Verfechter ökologischer und sozialer Anliegen im Wirtschaftsleben nun zu einer grundsätzlichen Strategieänderung zwingen.

Schon die Vorgeschichte zeigt die Schwierigkeiten für Aktivitäten, bei denen ethische Standards vor Profitmaximierung gehen. Die Genossenschaft für Gemeinwohl hat zwar schon viele Projekte wie Crowdfunding und andere Tätigkeiten durchgeführt, doch eigene Konten durften dabei nicht angeboten werden. Um den 6.000 Genossenschaftern auch Zahlungsverkehr – neben Konto auch Bankomat- und Kreditkarte – anbieten zu können, wurde im Herbst des Vorjahrs der Antrag der Gemeinwohl-Zahlungsdienstleistungen AG bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) gestellt.

GLS beteiligt

Unterstützung erhielt man durch die Beteiligung des schon lange am Markt aktiven deutschen Ethikinstituts GLS, das auf eine Bilanzsumme von fast fünf Milliarden Euro kommt und ein Fünftel der österreichischen Gründung erwarb.

Die Behörde musste sich schon bei Auslaufen der Frist im Vorjahr einige Kritik anhören. Die Genossenschaft beschwerte sich im Dezember mit einer Säumnisklage gegen die ihrer Meinung überlange Verfahrensdauer und beklagte Widerstand gegen das Vorhaben seitens der FMA.

Wenige Tage vor Weihnachten hat die Behörde reagiert – gar nicht zur Freude der Genossenschafter. Ganze 227 Punkte des Antrags hatte die FMA zu bemäkeln. Zeit zur Korrektur haben die Ökos nur bis 12. Februar. Das dürfte zu knapp sein. Die Behörde hat großteils Formales, aber auch Inhaltliches beanstandet. In den Bereich der Formalitäten ist wohl die Rüge daran einzureihen, das Binnen-I als Form der "gleichzeitigen Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen" zu verwenden.

Viele Mängel

Andere Aufforderungen sind weniger lapidar: So reicht es für die geplante Betrauung der Raiffeisen Bank International als Clearingstelle nicht, lediglich das Werbematerial des Instituts beizulegen. Vielmehr bedürfe es einer fixen Zusage der Bank, dass sie für das Gemeinwohlinstitut aktiv werde.

Für die geplante Zusammenarbeit mit Payment Services Austria (Bankomat) und Card Complete (Kreditkarte) will die FMA Details und Nachweise sehen. Weiters fordert die Aufsicht Muster von Kundenverträgen, einen Plan im Falle einer drohenden Insolvenz und eine korrigierte Eigenmittelberechnung ein, die ihrer Ansicht nach falsch durchgeführt wurde. Zahlreiche weitere Punkte garnieren die Mängelliste der FMA.

GLS übernimmt Kommando

Starker Tobak für die Gemeinwohl-Genossenschaft, die sich über die Vorgangsweise der Behörde beschwert. Viele Punkte im "Verbesserungsauftrag" der FMA seien für die Konzession irrelevant, dennoch arbeite man mit Hochdruck an einer Beantwortung der offenen Fragen, erklärte Vorstand Peter Zimmer.

Am Samstag fand überdies eine außerordentliche Generalversammlung statt. Mit Aussagen über die weitere Vorgangsweise hält man sich vorerst noch zurück. Doch Insider erzählten dem STANDARD, dass Weichenstellungen bereits erfolgt seien. Demnach soll der strategische Partner, die GLS Bank, aufgewertet werden.

Das Institut aus Bochum soll – so ist zu hören – in die Bresche springen und bei den Bankavancen der Österreicher das Kommando übernehmen. Gemunkelt wird, dass damit eine Übernahme der Gemeinwohl-Zahlungsdienstleistungen AG einhergehen könnte.
(Andreas Schnauder, 22.1.2018)