Manche Wörter werden so selten im Plural verwendet, dass das breite Publikum gar nicht mehr weiß, ob es diesen Plural überhaupt gibt oder wie er korrekt heißt. Wann zum Beispiel ist man schon im wirklichen Leben gezwungen, die Mehrzahl von "Armbrust" zu bilden? Doch wohl nur bei der eher seltenen Gelegenheit einer Burgbesichtigung, bei der man sich beim Fremdenführer erkundigt: "Sagen Sie, aus welchem Jahrhundert stammen eigentlich diese Armbrüste?" (Laut Duden sind auch die "Armbruste" O.K.).

Zur massenhaften Erkenntnis, dass der "Staub" mehrzahlfähig ist, hat es wohl auch erst jener grenzübergreifenden Feinstaubdebatte bedurft, die es in dieser Woche sogar auf die Titelseite des Spiegel geschafft hat. Seither aber wissen wir: Es gibt nicht nur den Staub als Stoffbezeichnung für "ein Objekt der konkreten Welt ohne besondere räumliche Gestalt" (Duden) - in dieser Funktion träte er, wie Milch, Gold, Fleisch oder Stroh, nur im Singular auf. Nein, es lassen sich auch verschiedene Staubsorten unterscheiden, je nachdem, ob er nun durch Benzin, Diesel, tropische Hölzer, Rohbaumwolle, Flachs, Kalk oder sonstige Staubproduzenten verursacht wurde.

"Sortenlesart" nennt das der Germanist: Wenn stoffbezeichnende Substantive das Merkmal "zählbar" erhalten, dann gibt es mit einem Mal auch Sande, Bleie, Zemente, Leinwände, Stähle, Milche und Stäube. Grammatikalisch interessant, aber nach einem durchkeuchten und durchhusteten März handelt es sich doch um eine Artenvielfalt, auf die wir gerne verzichten würden.