Beispiele für Internetwahlkampf an der Geschmacksgrenze: www.franzvoves.at (Betreiber Michael Stering bezeichnet sich als parteiunabhängig), ...

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... www.wienergrind.at von der ÖVP Wien und ...

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... www.voves.info, die deklarierte Anti-SPÖ-Seite aus der ÖVP Steiermark.

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Krisenstimmung in der steirischen ÖVP: Der "Wahlkampf-Knigge" steht im Mittelpunkt einer parteiinternen Krisensitzung. Die "Grind"-Homepage der Wiener ÖVP wurde nach einem Standard-Bericht inzwischen modifiziert.

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Wien/Graz – In der Steiermark scheint die Affäre um fingierte Leserbriefe und Postings die Landes-VP in eine veritable Krise zu stürzen. Für Mittwochabend wurde der Landesparteivorstand einberufen. Offiziell wollte man in der Sitzung über den Wahlmodus für die Nominierung der Kandidaten für die Landtagswahl abstimmen, meinte Klubobmann Christopher Drexler im STANDARD-Gespräch. Dass bei dieser Sitzung über den Verbleib von Parteisekretär Andreas Schnider beraten werde, dementierte Drexler: "Wir werden diese unüberbietbare Dummheit eines Medienseminars sicher diskutieren, aber definitiv nicht etwaige personelle Konsequenzen:" Drexler stimmte allerdings auch nicht in den Chor derer ein, die dem Verfasser des Leitfadens, Peter Puller, "die alleinige Schuld zuweisen wollen". Wie Drexler sieht auch der Grazer VP-Bürgermeister Siegfried Nagl nicht die alleinige Schuld bei einem Mitarbeiter, sondern gibt die Verantwortung der Landespartei, deshalb habe sich Landeshauptfrau Waltraud Klasnic auch entschuldigt. Auch das Personenkomitee der JVP bezeichnete Nagl für "mehr als überflüssig".

Dieses präsentierte dennoch ein "Personenkomitee gegen Franz Voves". Auf der Homepage prangte zuerst noch eine weiße Faust. Ein international bekanntes rechtsextremes Symbol, "für eine militant rassistische Grundeinstellung", wie SPÖ-Landesgeschäftsführer Hans Marcher kritisierte. Später wurde die Faust entfernt.

Nicht nur in der Steiermark, auch in vorwahlkämpferischen Wien stehen Homepages mit zweifelhaftem Inhalt im Zentrum der Debatte. Die von einer ÖVP-Mitarbeiterin ins Leben gerufene Seite www.wienergrind.at, auf der ein wenig schmeichelhaftes Bild von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer zu sehen war, wurde nach einem STANDARD-Bericht selbstzensuriert: Gusenbauer wurde vom Netz genommen. Dafür stellten im Laufe des Nachmittags User wenig freundliche Schüssel-Karikaturen hinein – die kurz darauf wieder verschwanden. Das für den Wiener Wahlkampf von der SPÖ vorgeschlagene "Fairnessabkommen" scheiterte am Donnerstag an der ÖVP. Man brauche so etwas für einen fairen Wahlkampf nicht, hieß es.

Dichand schweigt

Gezielte Störaktionen im Internet waren nur ein Teil des schwarzen "Wahlkampf-Knigges". Auch das erfolgreiche Lancieren fingierter Leserbriefe in Printmedien will nach schwarzer Machart gelernt sein. Diffuse Qualität der veröffentlichten Lesermeinungen wurde aber auch schon der anderen Seite, den Medien selbst, vorgeworfen. Der Kronen Zeitung etwa. Eine vom Blatt selbst angestrengte Klage gegen den Falter wegen der Behauptung, "viele der Briefe würden von Dichand selbst verfasst", wurde später wieder zurückgezogen. Heute will man das Zustandekommen der täglichen Leserbriefpotpourris nicht so recht beantworten. Die freundliche Dame beim Empfang verbindet auf Anfrage, ob man mit dem für die Leserbriefauswahl zuständigen Mitarbeiter sprechen könne, jedenfalls ins Büro Dichand. Der antwortet nur per Mail – nicht jedoch am Mittwoch.

Der Politologe Peter Filzmaier glaubt nicht, dass das Gezerre um fingierte Homepages und Leserbriefe die Landtagswahl entscheiden könnte. "Das kann, wie seinerzeit in den USA die Attacken der Republikaner auf Präsident Bill Clinton, eine starken Solidarisierungseffekt haben – beim Attackierten." Das heißt aber nicht, dass die Causa der SPÖ nützt: "Ganz offen kann die ÖVP nur angreifen, wer sicher ist, dass bei ihm nichts dergleichen vorgekommen ist." Und das sei eher unwahrscheinlich. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.07.2005)