Foto: Christoph Winder
Eine kleine Urlaubsgeschichte zur Sommerzeit: Vor zwei Jahren haben ihr Chronist und seine Familie ihre wohl verdienten Ferien in Spanien verbracht, und zwar im Hotel Pueblo Camino Real in Torremolinos. Weder Sonne noch Meer noch sonstige Lustbarkeiten ließen zu wünschen übrig, doch dieser Urlaub ist uns speziell wegen eines einzigartigen sprachlichen Service des Hotels im Gedächtnis geblieben. Kein Tourist wundert sich, wenn er in jenem Abschnitt der Speisekarte, der in „seiner“ Sprache verfasst ist, den einen oder anderen Übersetzungsfehler entdeckt, doch was das Camino Real in dieser Hinsicht bot, das war von galaktischem Aberwitz.

Es war nicht nur so, dass die Speisekarte vor Wörtern strotzte, die mit Speisen und Getränken rein gar nichts zu tun hatten, sondern über weite Strecken war völlig rätselhaft, worum es sich überhaupt handeln sollte. Darüber hinaus pflegte der anonyme Speisekartenverfasser aber auch noch eine Form von abstrakter Poesie, wie man sie nicht von Speisekarten, sondern von Gedichten gewohnt ist. Als wir uns von der Verwunderung über die erste Speisekarte am ersten Urlaubstag erholt hatten, warteten wir schon gespannt auf die zweite und wurden nicht enttäuscht. Auch die dritte Speisekarte schloss mühelos ans Niveau ihrer Vorgängerinnen an, und so wurde schließlich das Warten auf die sprachlichen Finessen der jeweils nächsten Karte zu einem fixen Bestandteil dieses Urlaubs, und nicht zu seinem schlechtesten.

Ich habe alle Speisekarten fotografisch dokumentiert, um mir nicht nachsagen lassen zu müssen, dass ich Touristenlatein erzähle (siehe Foto). Hier einige Kostproben der Speisen, die im Pueblo Camino Real aufgetischt wurden:

Flaches Vegetarier
Fasern von Barsch im Gericht
Fasern (Netze), daher Pute im Gericht
Sainalen Früchte
Überlab (Bügle) den Blumenkohl
Frühling Rolitos
Erdrücken Kartoffeln
Zahlug gege Nachnahme Bizcaina
Schachtel von Fenster von Fleischbuletten
Zwiebeln hat die Lebendige
Berühren mit Tomaten
Geröstete Rosenkohm Pfirsich
Dan Sirup
Frucht des Landes

Schwer zu sagen, welche dieser Speisebezeichungen am ehesten mit dem spanisch-deutschen Übersetzerpreis ausgezeichnet werden sollte – aber „Berühren mit Tomaten“ schiene mir eine gute Wahl. Es ist uns übrigens nie gelungen herauszubekommen, wer für die genialen Verdeutschungen verantwortlich war. Wir vermuten stark, es war ein satirisch angehauchter Spätsurrealist, der im Pueblo Camino Real kurzfristig ein wenig Geld verdienen musste.