Herzlich willkommen bei unserem fortlaufenden Forschungsprojekt "Wörter - wo sie zuhause sind und was man exakt mit ihnen meint". Heute möchte ich mir gemeinsam mit den p. t. Lesern das Wort "tiaf" vorknöpfen. Im gegenwärtigen österreichischen (oder nur ostösterreichischen?) Sprachgebrauch wird "tiaf" seit einiger Zeit nicht mehr nur in seiner eigentlichen Hauptbedeutung verwendet ("von beträchtlicher Ausdehnung senkrecht nach unten reichend"; Duden), es wird auch zur abwertenden Kennzeichnung von Veranstaltungen, Verhaltensweisen oder Örtlichkeiten herangezogen. "Tiaf" lässt sich dann mit "völlig stillos", "vulgär", "letztklassig" oder, derber, mit "unter jeder Sau" übersetzen.

"Tiaf" sein können in Österreich nicht nur Schwimmbecken oder Flüsse, sondern auch Schmähs, Clubbings oder Gastgewerbebetriebe ("a tiafe Hüttn"). Zu dieser uneigentlichen Verwendung von "tiaf" ein Beispiel aus einem Internet-Chat: "I woa am samstag im freibod in kefamorkt (i was, in kefermorkt is is freibod voi tiaf, oba zwa freindinnen und mei sista san ea gwesn und daun woas voi voi funny) und am obend beim sonnenwendfeuer (auf mühlviertlerisch: suniwändfeija), wos, wie jede veranstaltung in kefermorkt, voi tiaf woa, weil des voi schlecht organisiert woan is *hihi* oba irgendwie woas lustig!" Heike, 16, wiederum schreibt dieses: "waunsinn. des anzige wos a schas woa das so fü gstoin woan is aum zötplotz. des find i voi tiaf. oba sunst afoch nur supi!!!"

Interessant an dem Wort "tiaf" ist, dass es in seiner metaphorischen Bedeutung ("letztklassig", "vulgär") nur im Dialekt funktioniert, es gibt keine hochdeutsche Entsprechung ("Was dieser Politiker im Wahlkampf von sich gibt, ist tief"). Was das Gegenteil von "tiaf" ist, haben wir bereits aus dem Internet erfahren ("voi voi funny" oder "afoch nur supi") – jetzt wäre es noch interessant zu wissen, welche tiafen Sachen den verehrten Lesern sonst noch untergekommen sind.