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Die Nordsee steuerte bisher nur vier Prozent zur gesamten OMV-Produktion (Öl und Gas) bei.

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Aberdeen/Wien - Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV, der die Förderung bis 2010 generell um etwa 50 Prozent erhöhen möchte, will überproportional stark in der Nordsee wachsen. Bis 2010 soll sich die Offshore-Produktion vor den Küsten Schottlands und Irlands von derzeit 14.000 auf dann wenigstens 40.000 Barrel pro Tag verdreifachen. Dies sagte Werner Herzog, Chef von OMV UK, am vergangenen Wochenende in Aberdeen.

Das Gebiet um die britische Insel gehört zu einer von fünf Kernregionen der OMV, in denen im vergangenen Jahr täglich 338.000 Barrel Öläquivalent (boe) gefördert worden sind. Die Nordsee steuerte bisher nur vier Prozent zur gesamten OMV-Produktion (Öl und Gas) bei. Sollten sowohl OMV Großbritannien als auch die Mutter OMV 2010 ihre jeweiligen Produktionsziele erreichen, würde sich der Nordsee-Anteil verdoppeln.

Höhepunkt überschritten

Das Hauptproblem dabei: Die meisten der 300 kommerziellen Ölfelder haben ihren Höhepunkt überschritten, ihre Produktion befindet sich in einem markanten Sinkflug. 2005 ist laut offiziellen Daten (http://og.dti.gov.uk) in der britischen Nordsee um ein Viertel weniger Öl produziert worden als noch 2001. Die Fördermengen in den beiden größten Felder, an denen die OMV beteiligt ist - Schiehallion und Beryl -, sind zuletzt noch deutlicher zurückgegangen.

Dennoch sieht Herzog speziell für Mittelklasse-Player wie die OMV eine "interessante Nische, die 'super majors konzentrieren sich zunehmend auf ihre 'key assets'", wie er sagt. Zwar sei mehr als die Hälfte der vorhandenen Reserven schon verbraucht, 32 Milliarden Fass würden aber noch im Boden liegen. Herzog will auf längere Sicht vor allem westlich von Shetland, um die Färöer-Inseln und vor der Küste Irlands tätig werden - eigenständig vorerst nur in der Exploration. Eine von der OMV selbst geleitete Produktion in der Nordsee werde es vor 2010 aber nicht geben.

Forschung nach Öl

So hängt man sich derzeit an eine von 130 anderen Ölgesellschaften an, die hier zwei Prozent des weltweit geförderten Rohöls aus dem Boden holen. Die OMV, die seit 17 Jahren hier tätig ist, verfügt über 35 Lizenzen, und hält vier Minderheitsanteile an größeren Förderstätten. Betriebsführer ("Operator") sind dort Namen wie BP, Shell oder ExxonMobil. In drei "Blöcken" forscht die OMV mittlerweile selbst nach Öl.

Heuer wird die OMV 47 Mio. Euro in bestehende und neue "Assets" investieren, sagt Herzog. Etwa in Schiehallion, 170 Kilometer westlich von Shetland. Es ist die gegenwärtig größte einzelne Offshore-Produktionstätte für Rohöl in Großbritannien. Das Feld liefert hochwertigen Rohstoff, der sich leicht zu Benzin verarbeiten lässt. Die Qualität des dort geförderten Öls gilt als vergleichbar gut wie die Benchmarksorte "Brent". Die hohe Qualität hat aber ihren Preis, produziert wird unter schwierigsten geologischen und witterungsmäßigen Bedingungen.

Investments sollen für Trendwende in Schiehallion sorgen

Die Jahresproduktion von Schiehallion ist seit 2003 um knapp ein Drittel auf 3,4 Millionen Tonnen (2005) gesunken. Während früher bis zu 140.000 Barrel pro Tag aus dem Meeresboden sprudelten, hat man in den ersten Monaten des heurigen Jahres nur mehr um die 70.000 Barrel täglich produziert. Um diesen Trend umzudrehen, muss viel Geld in die Hand genommen werden.

Das Schiehallion-Konsortium, dessen größter Gesellschafter der Erdölriese BP ist, hat sich dieses Ölfeld schon in den vergangenen zehn Jahren grob geschätzt 2 Mrd. Pfund (etwa 2,9 Mrd. Euro) kosten lassen. Heuer sollen wieder 250 Mio. Pfund (360 Mio. Euro) investiert werden, sagt Steve Sansom, der Mann, der die OMV-Anteile an Schiehallion managt. Auf die OMV, die nur 5,9 Prozent an dem Projekt besitzt, entfallen bei dieser Investition rechnerisch also etwa 21 Mio. Euro.

Für das Geld wird eine Pumpe angeschafft, die noch diese Woche von einem großen Spezialkran 400 Meter tief auf den Meeresgrund gesenkt wird. "Der größte Teil des Geldes wird aber in ein viertes Bohrzentrum fließen", sagt Sansom. Kurzfristiges Ziel sei es, die monatliche Produktion von heuer ungefähr 70.000 auf 80.000 Barrel im nächsten Jahr anzuheben.

Förderkosten als Firmengeheimnis

Was unter dem Strich da an Förderkosten herauskommt, bleibt Firmengeheimnis. Dass es ein Mehrfaches der durchschnittlichen OMV-Förderkosten von 8 Dollar pro Barrel ist, wird nicht dementiert. Gleichzeitig verweist man in der OMV aber auf die im Haus geltende langfristige Investitionsrichtlinie, wonach sich ein Projekt schon bei einem Ölpreis von 30 Dollar pro Fass rechnen muss.

Das Schiehallion-Konsortium ist nach wie vor von dem Potenzial des Felds überzeugt. "Wir glauben, dass da unten noch einiges übrig bleibt, viel mehr, als wir am Anfang geschätzt haben", gibt sich Sansom optimistisch. Das Förderkonsortium geht heute von Reserven von 800 Millionen Barrel aus - und nicht nur 340 Millionen, wie ursprünglich geschätzt wurde.

Öl aus der Tiefe

Das Öl muss aus einer Tiefe von etwa 3.000 Meter unter dem Meeresboden geholt werden. Das "schwarze Gold" wird danach auf ein stationär verankertes, 250 Meter langes Lager- und Verladeschiff mit dem Kurznamen FPSO gepumpt, das in seinem Bauch bis zu 900.000 Barrel beherbergen kann. Von dort wird das Öl alle drei Tage von einem Tanker abgeholt und zu den Shetlands transportiert.

Rund 100 Mann arbeiten auf dem Schiff, 12 Stunden am Tag, 14 Tage en suite. Danach gibt's zwei Wochen frei. Die Gage ist gut, aber "bei weitem nicht so märchenhaft, wie viele Leute glauben", beteuert ein Crew-Mitglied, ein etwa 40 Jahre alter Südengländer und lächelt ironisch. Üblich seien Löhne zwischen 35.000 und 50.000 Pfund im Jahr, ein Vorarbeiter kann auf bis zu 100.000 Pfund kommen. Ja, das sei im Vergleich zu "onshore" viel Geld, gibt er zu. Aber die Arbeit sei hart, die Schichten lang und das Wetter oft zum Fürchten. "An die zehn Meter hohe Wellen sind relativ normal. Aber wenn sie 30 Meter erreichen, fühlt man sich doch etwas ungemütlich", sagt er. (APA)