Die Gewalt gegen Roma kommt in Ungarn nicht aus dem Nichts. Auch die Gründung der faschistoiden Ungarischen Garde vor eineinhalb Jahren war zwar ein Markstein im Schüren eines hasserfüllten Klimas gegen Minderheiten und Andersartige, nicht aber der Nullpunkt. Denn schon Jahre davor hat eine populistische Rechte um den ehemaligen Ministerpräsidenten Viktor Orbán (1998-2002) einen Diskurs des aggressiven Rechthabens, der Missachtung demokratischer Institutionen und der Instrumentalisierung rechtsextremer Irrläufer und Rabauken für einen pseudonationalen "Konsens" salonfähig gemacht.

Es sei hier nur daran erinnert, dass es Orbán war, der nach seiner Abwahl im Jahr 2002 das für ihn ungünstige Ergebnis eines demokratischen Urnengangs nicht anerkennen wollte. Er organisierte die "Bürgerkreise", die für ihren von der Macht verdrängten "Führer" demonstrierten. Gut möglich, dass der eine oder andere dieser aufgehetzten "Bürgerbewegten" heute bei der Garde mitmarschiert. Es sprießt also, was schon früher gesät wurde.

Schuld hat auch Ungarns Linke. Die Sozialisten regieren seit 2002 ununterbrochen. In dieser Zeit haben sie die bitter nötigen Reformen nicht auf den Weg gebracht. Stattdessen lullten sie die Bevölkerung in dem Bewusstsein ein, dass "alles irgendwie geht". In der jetzigen Wirtschaftskrise zahlt diese Bevölkerung den doppelten Preis für die Versäumnisse. In ihrer Verbitterung laufen viele Ungarn wieder Orbáns Rattenfängerei und deren rechtsrechten Ausläufern zu. Von der üblen Saat droht noch mehr aufzugehen. (Gregor Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 26.2.2009)