Zurück nach sechs Jahren Pause: Valerie Trebeljahr mit ihrer Band.

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Lali Puna: "Our Inventions" (Morr Music/Hoanzl 2010) erscheint am 9. April.

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The birds in the trees / Singing our mobile melodies / What a sweet sweet world ... Als vor ein paar Jahren die ersten Studien veröffentlicht wurden, denenzufolge Singvögel in Großstadtgebieten begonnen haben Handy-Geklingel zu imitieren, waren Lali Puna bereits in die Pause gegangen. Doch Valerie Trebeljahr, Mastermind der Band, die zuvor über drei Alben hinweg an einem elektronischen - aber nicht minder organischen - Echo der belebten Welt gearbeitet hatte, hat nicht darauf vergessen. Ein Kreis schließt sich: We would end the painting / And it would show a bright, bright day.

Selbstverständlich ist es für eine deutsche Band nicht, dass schon Wochen vor dem Erscheinen ihres neuen Albums Rezensionen in englischsprachigen, französischen und italienischen Medien erscheinen. Oder dass im selben Zeitraum reihenweise Fan-"Videos" aus aller Welt, die mit den aktuellen Stücken unterlegt sind, auf YouTube gestellt werden - aber Lali Puna sind auch nicht irgendwer. Aus der Millenniumswelle an deutschen Indietronic-Formationen (Komeit, Donna Regina, die Quarks usw.), die nicht zuletzt eine ganze Generation junger FilmemacherInnen in Sachen Soundtracks beeinflusst haben dürften, ragten Lali Puna stets heraus. Und zumindest auf internationaler Ebene haben sie auch den Ruhm der bodenständigeren "Schwesterband" The Notwist überflügelt; beide in Form des doppelten Bandmitglieds Markus Acher und durch die Herkunft aus der sogenannten "Weilheimer Szene" verbunden. Inzwischen leben und arbeiten Trebeljahr & Co längst in München.

"Faking the Books" (2004)

Das Comeback einer vielbeachteten Band nach immerhin knapp sechs Jahren könnte ein Anlass für Feuerwerke und Getöse sein ... wenn es sich nicht um Lali Puna handelte, die stets mit distanzierter - um nicht zu sagen: entrückter - Sanftmut vorgegangen sind und auf "Our Inventions" melancholischer denn je klingen. Come calm down / See them falling: Mit "Rest Your Head" ist dem Album ein Schlummerlied mit dunklen Untertönen vorangestellt - zu den Gründen für die lange Bandpause gehörte übrigens neben diversen Seitenprojekten (bzw. Brotjobs) der weiteren Mitglieder Markus Acher, Christian "Taison" Heiß und Christoph "Casper" Brandner, dass Valerie Mutter geworden ist.

Insgesamt - Kurz-Info für Altfans - liegt der Sound von "Our Inventions" näher an dem von "Scary World Theory" (2001) als an dem des bislang letzten Albums "Faking the Books" (2004). Er ist wieder fragiler und reduzierter geworden - und elektronischer. Die Gitarren, die damals "Faking the Books" und speziell Stücke wie "Left-handed" oder "B-Movie" vorangetrieben hatten, sind wieder weitgehend in den Hintergrund geschoben worden. Gerade genug, um dem Gesamtsound gemeinsam mit Schlagzeug, spärlich eingesetzten Vokalsamples (wie auf der Single "Remember") und anderen Spurenelementen eine organische Note zu verleihen.

Fan-Video zu "Our Inventions" (2010)

Dass die 1998 gegründete Band in den Anfangsjahren oft mit Stereolab - Typ: Mitte 90er, nach der Gitarren-und-Orgel-Dröhnphase und vor dem allmählichen Stranden in Brazilia-Clubsounds - verglichen wurde, liegt nicht nur am Sound an sich (hier am besten nachzuvollziehen in "Safe Tomorrow" und dem Titelstück), sondern auch daran, wie er zusammengestellt wird: Obwohl Lali Puna ganz eindeutig Trebeljahrs Ding ist, stellt sie weder ihre Stimme noch ihr Keyboardspiel in den Vordergrund. Alle Sound-Elemente werden gleichberechtigt behandelt, folgen ihrem Takt, nähern sich einander an, fügen sich wie im Refrain von "Move On" zu einem kurzen Höhepunkt, in dem alle präsent sind und als gemeinsame Konstellation erstrahlen, zusammen, um dann wieder langsam auseinander zu driften.

Musik, die ihre Konstruktion offenlegt und trotzdem ihre Schönheit behält, ist nicht so leicht zu schaffen - auf "Our Inventions gelingt dies Lali Puna einmal mehr. Wer die Band zum ersten Mal hört, wird die Stücke vielleicht auf halbem Weg zwischen Songs und Klanginstallationen sehen. Minimalismus und stetige Repetition mögen zunächst einen eher statischen als dynamischen Eindruck vermitteln - tatsächlich handelt es sich aber um ganz klassisch aufgebaute Pop-Stücke; Anspieltipps wären neben der Single beispielsweise "Everything Is Always", das fernöstlich angehauchte "Hostile To Me", oder das gemeinsam mit dem japanischen Altmeister Yukihiro Takahashi vom Yellow Magic Orchestra produzierte Schlussstück "Out There". Und auch hier gilt das Gesetz der Repetition: Wer die Songs ein paar Mal gehört hat - selbst wenn sie nur im Hintergrund laufen - , wird staunen, wieviel davon hängenbleibt.

Insgesamt ist "Our Inventions" ein gänzlich unaufgeregtes und dafür wunderschönes Comeback-Album geworden, wie um zu sagen: Wir sind wieder da. Und das ist auch gut so. (Josefson)