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Drei Männer schleppen die hundert Kilo Gold in den Dorotheum-Tresor. Die Münze geht bald zum neuen Eigentümer in Spanien.

Foto: APA/Techt

Die weltgrößte Münze bekam am Freitagnachmittag im Wiener Dorotheum einen neuen Besitzer. Der Vorbesitzer, Wolfgang Auer-Welsbach, musste die Auktion von der Justizanstalt Klagenfurt aus beobachten.

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Wien - Nach fünf Minuten war die Auktion auch schon wieder zu Ende. Dorotheum-Auktionator Christian Kaufmann schlug mit der Hand auf die Auktionsklingel: "3.270.000 Euro zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten." Ein bisschen enttäuscht sagte danach der Münzexperte des Dorotheum, Michael Becker: "Auf mehr als den Rufpreis hatten wir doch gehofft."

Die größte Goldmünze der Welt, ein Trumm von hundert Kilo, wurde von Oro Direct erworben, dem größten spanischen Edelmetall-Handelshaus. Sieben Unternehmen bzw. Personen hatten beim Wiener Dorotheum Interesse an der Versteigerung der Münze angemeldet und vorher die entsprechenden Bankgarantien beigebracht. Doch dann wurde Freitagnachmittag erst gar nicht gesteigert. So ging die Münze "Maple Leaf" mit dem Nennwert von einer Million (kanadische) Dollar zum Ausrufungspreis weg, der zuvor mit Hilfe des Goldpreises in London, 12 Uhr Mittag, errechnet worden war.

Dünne Luft

"Der Goldpreis ist halt sehr hoch derzeit", erklärte Becker. Im Vorfeld der Auktion war unter Münzliebhabern viel darüber spekuliert worden, wie hoch der numismatische Wert einer Goldmünze mit dem Durchmesser von etwa einem halben Meter überhaupt sein kann. Die Luft ist schon recht dünn, wenn es darum geht, jemanden zu finden, der hundert Kilo Gold erwirbt. Und jetzt weiß man auch, dass Sammlerleidenschaft bei dem derzeit hohen Goldpreis enge Grenzen hat.

Das Interesse an der Auktion war jedenfalls hoch. Im vollen Auktionssaal im 2. Stock des Dorotheums saßen viele Kiebitze, ein paar italienische Touristen sowie der kanadische Botschafter und der Handelsdelegierte. Die potenziellen Bieter selbst waren nicht anwesend. Mitarbeiter des Dorotheum hielten mit den Interessenten telefonischen Kontakt; die spanische Oro Direct hatte gleich im Voraus ein schriftliches Angebot gelegt.

Der Vorbesitzer, der Kärntner Wolfgang Auer-Welsbach, verfolgte die Kurz-Auktion wohl von der Klagenfurter U-Haft aus, wo er derzeit einsitzt. Er hat zwar nichts von dem Erlös, aber die mutmaßlich geschädigten Inhaber der AvW-Genussscheine, rund 12.500 Personen. Der Vorwurf an Auer-Welsbach lautet, dass er mit seiner Finanzierungsgesellschaft ein betrügerisches Perpetuum mobile aufgebaut und mit 291 Millionen Euro die größte heimische Pleite des heurigen Jahres hingelegt hat.

Höchstmögliche Reinheit

Zumindest mit dem Kauf der Münze bewies Auer-Welsbach bemerkenswerte Weitsicht. Er kaufte die Münze im Jahr 2008 und dürfte damals rund 1,5 Millionen Euro gezahlt haben - in etwa der damalige Goldpreis. Anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens hatte die Royal Canadian Mint 2007 fünf 100 Kilo schwere Maple Leafs gefertigt, die in Kanada auch als Zahlungsmittel durchgehen. Viel Ehrgeiz legten die Kanadier darin, mit 99,999 Tausendstel Feingold höchstmögliche metallische Reinheit zu erreichen. Mit dem Effekt, dass die Münzen ausgesprochen weich sind. Man könnte sie mit dem Fingernagel verkratzen.

Eine Maple Leaf erwarb die britische Königin Elisabeth II., schließlich prangt ihr Konterfei auf der Münze. Zwei Stück wanderten in den arabischen Raum; eine Münze wurde von einem deutschen Unternehmen erworben. Auer-Welsbachs Exemplar wanderte als ständige Leihgabe an das Kunsthistorische Museum in Wien und konnte im dortigen Münzkabinett besichtigt werden, bis es dann im Dorotheum seine letzte österreichische Station machte.

Immer schon hatte die Herstellung von großen Münzen einen sportlichen Charakter. Die 1-Million-Dollar-Scheiben der kanadischen Münzanstalt schafften es auf Anhieb ins Guinness Buch der Rekorde - und kickten damit eine österreichische Münze aus dem Buch. Im Jahr 2004, anlässlich des 15-jährigen Bestehens der Philharmoniker-Münze, hatte die Münze Österreich 15 Stück Philharmoniker aufgelegt, die jeweils ein Gewicht von 31,1 Kilogramm (das entspricht 1000 Unzen Gold) auf die Waage brachten. Auch dafür fanden sich Liebhaber der Numismatik mit genügend Kleingeld.

Gleich nach Auktionsende wurde das Riesenstück Edelmetall aus der Schauvitrine im Dorotheum genommen, in eine Box gepackt und im hauseigenen Tresor verstaut. Die Box wird bald den Weg nach Valencia antreten, wo die Zentrale von Oro Direct ist. Die Münze wird die numismatische Sammlung der Firma aufpeppen, sagt Oro-Direct-Sprecherin Marta Domindi. Warum sie gekauft haben? "Wir glauben an weitere Wertsteigerungen bei Gold." (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27.6.2010)