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Fotos: APA/Pfarrhofer, APA/EPA/Zennaro

Mit dem Stück "I Traviati" ("Die vom Wege Abgekommenen", Anm.) in der Inszenierung von Richard Lugner dürfte der Wiener Staatsoper in der kommenden Woche ein grandioser Coup glücken. In der sehnsüchtig erwarteten Neubearbeitung der berühmten Oper von Giuseppe Verdi, in der eine Edelnutte die Hauptfigur ist, wird es auch oder vielmehr gerade für alte Opernhasen zahlreiche überraschende Höhepunkte geben.

So wird die schöne Prostituierte etwa, wie vorab durchgesickert ist, in der Neufassung nicht von der Lungentuberkulose dahingerafft, sondern von einer drohenden Lungenquetschung infolge eines akuten Paparazzi-Aufkommens in Mitleidenschaft gezogen werden. Ihren Liebhaber lernt sie nicht in Paris, sondern in Mailand kennen. Sie verlieben sich ineinander, er zieht mit ihr in eine Villa. Dort kommt dann allerdings nicht sein Vater, sondern Vater Staat zu Besuch und fordert die beiden auf, die Beziehung zu beenden, da er den Ruf der Famiglia in Gefahr sieht.

Gespannt dürfen Opernfreunde auch schon auf jene Szene im 2. Akt sein, in der der Liebhaber - für die Rolle des jungen, drahtigen Alfredo gilt Richard Lugner geradezu als Traumbesetzung - seine Violetta vulgo Ruby in aller Öffentlichkeit beleidigt und den Baron Douphol auf dessen eigenem Ball zum Duell fordert. Gewöhnlich gut informierte Voyeure erwarten dabei, dass der Part des Barons von Puff-, pardon, Ballmutter Desiree Treichl-Stürgkh sozusagen ad-hoc übernommen werden könnte.

Im dritten und letzten Akt dürften sich dann die Ereignisse nochmals überschlagen. Ob Ruby im Finale tatsächlich bettlägrig ist, wird sich zeigen; wie Beobachter wissen, hatte Lugner dies im Vorfeld in Zweifel gezogen. Auch ob der "Dottore" (angefragt: ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz) Rubys Amme mitteilen wird, dass sie sterben muss, ist fraglich. Als nahezu sicher gilt aber, dass auch am Schluss von der Originalvorlage abgewichen wird. Rubys qualvoller Tod dürfte nämlich dadurch verhindert werden können, dass ein Großteil der italienischen Paparazzi - die Crema della Crema der Branche  - schlicht und ergreifend keine Ballkarten bekommt. Wie aus an sich völlig unbrauchbaren Quellen weiters hervorgeht, könnte dann zumindest Alfredo vulgo Ritschie zumindest eines kleinen Todes sterben. Wir werden sehen - oder auch nicht. (Martin Putschögl, derStandard.at, 25.2.2011)