Von 16. April bis 29. Oktober fliegt Lauda Air jeweils samstags direkt von Wien nach Neapel, von Innsbruck aus zwischen 21. Mai und 24. September und von Graz aus von 27. August bis 8. Oktober. Mit Umsteigen, zum Beispiel über München, gibt es jederzeit Flüge. Alle Häfen in Neapel bieten Fährverbindungen nach Ischia an. Schnellboote benötigen ca. 40 Minuten. Die Regionalbahn Circumvesuviana verbindet Neapel mit den umliegenden Städten wie Pompei und Sorrent.

Foto: Gino Cianci/ENIT

Allgemeine Informationen: ENIT Italienische Zentrale für Tourismus

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Wer kann, wechselt auf die vorgelagerte Insel Ischia.

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Es ist immer das gleiche Spiel: Kaum nähert sich ein Polizeiwagen, schlagen die fliegenden Händler ein Tuch über ihre Ware, klappen die zu Tischen umfunktionierten Kartonschachteln zusammen - und sind sekundenschnell von der Bildfläche verschwunden. Augenblicke später, die Polizei ist kaum um die Ecke gebogen, strömen die Händler zurück auf die Piazza del Plebiscito, mitten in Neapel. Schon liegen Gürtel, Sonnenbrillen, DVDs und billige Souvenirs auf ihren Plätzen. So als wäre nichts gewesen.

Andere Tandler bleiben gleich mobil und packen alles Mögliche, von Knirpsen über Maßbänder bis zu sonstigem Hausrat in und auf wackelige Kinderwägen. "Improvisation ist alles", hört man immer wieder von den Neapolitanern. Dieses Credo scheint sich auch im Stadtbild eingemeißelt zu haben: Schicht um Schicht türmen sich die Epochen und Stile über- und untereinander. Kürzlich wurde beim Metrobau mitten im Zentrum ein mittelalterliches Kloster entdeckt. Man bohrte weiter und fand darunter Überreste eines römischen Hafens, der wiederum auf griechischen Siedlungen fußt.

Auch beim Streifen durch die engen Schluchten aus pastellfarbenen Häusern, die an vergilbte Postkarten erinnern, ist es am Besten, einfach zu improvisieren. Dann wird man ganz automatisch von der Eleganz luxuriöser Einkaufsstraßen in das dichte Gewusel an Gassen geschwemmt, die sich vom Golf von Neapel den Hang hinauf drängen.

Wäschegirlanden

Von kontemplativen Höfen alter Palazzi, deren Wände aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit mit einer grün-rot changierenden Patina überzogen sind, ist es oft nur ein Sprung in ein grell-schrilles Durcheinander aus Wäschegirlanden, Radiogedudel und Balkontratsch über den Köpfen und winzigen Geschäftslokalen von Schneidern, Schlossern oder Fleischern im Erdgeschoß. Die Wohnzimmer gehen nahezu fließend in die Straßen über, Kübel, die an Seilen von den Balkonen hängen, erleichtern den Transport von unten nach oben.

Da versteht man, dass sich der US-Schauspieler John Turturro (der in seinem letzten Film Passione der neapolitanischen Musik huldigt) an das New York der 70er-Jahre erinnert fühlt, und kann sich vorstellen, warum von diesem Magneten des Mezzogiorno, über dem der Vesuv wie ein mächtiger Bodyguard wacht, ein derartiger Sog ausgeht, der über morbide Camorra-Romantik hinausreicht. Der Müll, der nach wie vor über die Eimer und Container quillt, gehört ohnedies zum Lokalkolorit der Millionenstadt.

Wer sich aus dem neapolitanischen Spinnennetz lösen kann, wechselt zur Erholung auf die vorgelagerte Insel Ischia, die gemeinsam mit Capri den Türsteherposten vor dem Golf von Neapel innehat. Oder flüchtet dahin, so wie Valerio Sgarra, Schauspieler und Musiker. Vor der Liebe, vor einer unsicheren Existenz, so genau will er sich nicht festlegen. Seit zwei Jahren pendelt er zwischen Neapel und der grünen Vulkaninsel, über die kleine Häuschen wie bunte Zuckerwürfel verstreut sind. "Hier kann ich mich entfalten", sagt Sgarra und lässt seine Hand ausladend durch die Enoteca Un attimo di vino schweifen. In dem versteckten Lokal am Hafen von Ischia hat er nicht nur einen regelmäßigen Job, sondern im Koch und Enoteca-Besitzer Raimondo Triolo auch einen Seelenverwandten gefunden, selbst in musikalischer Hinsicht. Während Sgarra das rosa gestrichene Pianino bearbeitet, steuert Triolo den Rhythmus bei - mit einem Kübel, in dem ein Besenstiel steckt, als Saite dient ein Bindfaden. Improvisation wie aus dem Bilderbuch.

Wein und Thermalwasser

Genauso stellt Raimondo Triolo die vorzüglichen Speisen zusammen: Eine Karte gibt es nicht, gekauft und gekocht wird, was ihm unterkommt. Die dunklen Holztische und deckenhohen Weinregale: natürlich selbstgezimmert. "Ich verkaufe Lebensgefühl", sagt Triolo. "Die Leute treten in eine andere Dimension ein, können den Stecker ziehen und entspannen."

Und dafür ist schließlich Ischia von jeher berühmt und berüchtigt. Mehr als fünf Millionen Kurgäste und Touristen zieht es jährlich auf die 46 Quadratkilometer kleine Insel, aus der 100 heiße Thermalquellen sprudeln. Mittlerweile lassen die Deutschen nach, dafür erwärmen sich zunehmend Russen für ausgedehnte Thermalparks und Wellness-Anlagen.

Doch auch auf dem Festland brodelt es. Kaum verlässt man Neapel Richtung Puzzuoli, das im westlichen Teil des hufförmigen Golfes liegt, wird spürbar, dass die Erde nie ruht. Zuerst in der Nase: Der faulige Schwefelgeruch der Phlegräischen Felder ist äußerst prägnant. Steht man erst im Vulkankrater von Solfatara, kann man den heißen Dampf in jeder Pore spüren. Mit unheimlichem Druck und monotonem Pfeifen strömt er aus dem unterhöhlten Boden, als hätte man das Ventil einer Megaluftmatratze geöffnet.

Auf der anderen Seite des Golfes, vorbei am nach wie vor tätigen Vesuv, erstreckt sich die üppige Halbinsel von Sorrent ins Meer hinaus. Über Steilklippen und engen Buchten thronen dichte Zitronen- und Orangengärten, prallvoll mit riesenhaften, intensiv duftenden Früchten - keine Frage, warum die aussichtsreiche Küste seit gut 2000 Jahren ein beliebtes Reiseziel ist. Aus der Ruhe lässt sich die Kleinstadt Sorrent aber dennoch nicht bringen, zumindest außerhalb der Hauptsaison. Davon kann man sich am zentralen Sedil Dominova überzeugen. Vor der imposanten Kulisse dreidimensional wirkender Fresken aus dem 15. Jahrhundert versammelten sich einst die Adeligen, heute trifft sich die örtliche Altherrenrunde zum Kartenspielen - ein theatralischer, fast surrealer Anblick.

Zurück am Flughafen von Neapel, der nahe dem Zentrum mitten zwischen tristen Wohnsilos und dem städtischen Friedhof liegt, lohnt es sich, zur Überbrückung der Wartezeit einen Abstecher zur Pasticceria Madonna zu machen. Direkt an der Straße, die zum Flughafeneingang führt, kann der Abschied mit einem "caffè nocciola" und einer der köstlichen Törtchen gebührlich zelebriert werden. Eingepackt geben die gefüllten Sfogliatelle und rumgetränkten Babà ein ideales Mitbringsel ab. Improvisieren muss man eben. (Karin Krichmayr/DER STANDARD/Printausgabe/09.04.2011)