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Der in der Bawag-Affäre wegen Untreue rechtskräftig zu zehn Jahren verurteilte Elsner befindet sich seit Februar 2007 durchgehend in Haft.

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Helmut Elsner am Freitag, 04. Juli 2008, vor Beginn des letzten Prozesstages im Bawag-Prozess.

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Prozessbeginn im Juli 2007

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Wien -  Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner kommt frei, berichtet die Tageszeitung "Österreich". Dem neuerlichen Antrag auf Haftunfähigkeit wurde am Donnerstag stattgegeben, wie das Wiener Straflandesgericht bestätigt. Der Bescheid gelte mit sofortiger Wirkung und wurde den Anwälten von Elsner elektronisch übermittelt.

Ausschlaggebend dafür seien medizinische Gründe, erläuterte der Sprecher des Wiener Straflandesgerichts, Christian Gneist: "Die Gutachten haben ergeben, dass Helmut Elsner derzeit strafvollzugsuntauglich ist."

Reaktion auf Gutachten

Ausschlaggebend für den Gerichtsbeschluss waren ein Ergänzungsgutachten des kardiologischen Sachverständigen Joachim Borkenstein und eine neurologische Expertise des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Heinrich Pfolz.

Borkenstein hatte bereits vor wenigen Wochen ein Gutachten vorgelegt, in dem er Elsner eine koronare Herzerkrankung, einen arteriellen Hypertonus, eine supraventrikuläre Extrasystolie, einen Überwässerungszustand bei gesteigerter Flüssigkeitszufuhr und eine eingeschränkte Herzleistung bescheinigte. Zudem stellte er Adipositas, ein Lungenemphysem mit chronisch obstruktiver Ventilationsstörung sowie eine Einschränkung der Nierenfunktion fest.

In einem vom Straflandesgericht angeforderten Ergänzungsgutachten legte Borkenstein nun nach: Eine akute und angemessene Betreuung und Therapie sei in der Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht mehr möglich.

Nachsitzen nicht ausgeschlossen

Der Gutachter Pfolz wiederum kam zum Schluss, dass auch aus neurologischer Sicht bei Elsner derzeit Strafvollzugsuntauglichkeit vorliegt. Bei entsprechender Behandlung könne in acht bis zehn Monaten mit einer Besserung gerechnet werden.

Die gerichtlich festgestellte Haftunfähigkeit gilt nicht unbefristet, sondern ist eine "Momentaufnahme". Sollte sich Helmut Elsners Befinden nachhaltig verbessern, müsste er eventuell "nachsitzen". Elsner hat unter Einrechnung der U-Haft bisher knapp die Hälfte der über ihn verhängten zehnjährigen Freiheitsstrafe verbüßt.

Entscheidung am Freitag

Elsner könnte bereits heute Freitag auf freien Fuß kommen, wie Werner Pleischl, der Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA) ankündigte.

Sobald die Entscheidung des Landesgerichts Wien rechtskräftig wird, kommt Elsner frei. Dafür muss die Staatsanwaltschaft Wien auf sämtliche Rechtsmittel verzichten - und das Justizministerium informieren. Dies ist bereits geschehen. Auf Rechtsmittel wird verzichtet, weil der sinnvolle Vollzug einer Freiheitsstrafe derzeit nicht möglich sei, sagt Christian Pilnacek, leitender Sektionschef im Justizministerium laut Morgenjournal.

Sollten die Strafverfolgungsbehörden keine Einwände gegen die Enthaftung haben, wäre Helmut Elsner am Wochenende ein freier Mann. Ob er dann aus medizinischen Gründen weiter im Wilhelminenspital verbleibt oder zu seiner Ehefrau Ruth heimkehrt, wäre in seinem Ermessen bzw. allenfalls die Entscheidung seiner Ärzte. Die Justiz würde jedenfalls umgehend die Wachebeamten abziehen, die Elsner im Spital abgeschirmt hatten.

Überraschende Nachricht für Ehefrau Ruth

Ehefrau Ruth Elsner hatte kurz davor auf derStandard.at-Anfrage die Euphorie noch gedämpft: "Noch gibt es keine offizielle Stellungnahme. Die Richterin war bislang nicht erreichbar." Unmittelbar nach Bekanntwerden der bevorstehenden Enthaftung zeigte sich Helmut Elsners Ehefrau - von derStandard.at mit der Neuigkeit konfrontiert - "riesig erfreut und erleichtert." Die Nachricht sei für sie überraschend gekommen, sie habe sie kaum glauben können.

Der in der Bawag-Affäre wegen Untreue rechtskräftig zu zehn Jahren verurteilte Elsner befindet sich seit Februar 2007 durchgehend in Haft, wobei er als Einziger der in die Causa verwickelten und abgeurteilten ehemaligen Bawag-Manager bisher das Haftübel verspürt hat. Zuletzt hatte der Kardiologe Kurt Huber, der Vorstand der 3. Medizinischen Abteilung im Wilhelminenspital, wo Elsner derzeit behandelt wird, massiv Zweifel an der Haftfähigkeit des 76-Jährigen geäußert. Für Huber ist die Inhaftierung aus gesundheitlichen Gründen "nicht mehr zu verantworten", deponierte er in einem mit 30. Juni datierten, an die Justizanstalt Wien-Josefstadt gerichteten Arztbrief. (APA/red, derStandard.at, 7.7.2011)