"Man wird respektiert und ich kann zeigen was ich kann. Dann geht es irgendwann auch nicht mehr um die Hautfarbe."

Foto: Nelson Müller

Nelson Müller ist Deutscher. Um ihn zu beschreiben würden Phrasen wie "neuer Deutscher" oder „Migrant" zu eindimensional erscheinen. "Ich bin Deutscher und wie jeder andere Deutsche aufgewachsen", unterstreicht der TV-Koch selbstbewusst. Zu seinen Lieblingsgerichten gehören "deutsche Klassiker", wie Eintöpfe, Dampfnudeln oder Schnitzel. Auch die besonders heimatlich angehauchte bayerische Küche gehört zu seinen Favoriten: "Eine gekochte Kartoffel mit Meersalz und Butter, das ist schon was."


Die Müllers aus Stuttgart

Müllers leibliche Eltern stammen ursprünglich aus Ghana und betreiben heute einen Großhandel für afrikanische- und karibische Lebensmittel in London. Der Vater arbeitete zuvor als Angestellter in einer Botschaft in Rom, die Mutter war als Schneiderin tätig. Geboren wurde er 1979 als Nelson Nutakor. Sein Vorname soll an den Anti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela erinnern. Mit fünf Jahren kommt er zur Pflegefamilie Müller nach Stuttgart. Warum er seine leiblichen Eltern verlassen musste und nach Deutschland kam, möchte er aus privaten Gründen nicht preisgeben.

Faszination Kochen

Bei den Müllers pflegte er die "Freude am Kochen", die sich zu einem Teil seiner Lebenskultur entwickelte. Nach einem Praktikum in einem Gourmetrestaurant wurde es ihm endgültig klar: Er wollte Koch werden. "Ich war fasziniert von der Welt hinter den Kulissen. Vom Handwerk, der furiosen Geschwindigkeit der Köche beim Schneiden und Anrichten, von dem Teamgeist, der in der Küche herrschte und von da an wollte ich Koch werden."

Falsche Zuschreibungen

Gerade am Anfang, als er noch keine "TV-Persönlichkeit" war, ließen stereotype Zuschreibungen nicht lange auf sich warten: "Als ich auf Sylt mit der Ausbildung anfing und zum ersten Mal in die Küche kam, wollte man mich zur Spüle schicken, obwohl ich eine Kochjacke trug. Ich musste dann erst einmal erklären, weshalb ich dort bin." Doch Müller unterstreicht auch, dass er durch seinen Beruf Grenzen verschieben kann: "Man wird respektiert und ich kann zeigen was ich kann. Dann geht es irgendwann auch nicht mehr um die Hautfarbe." Er macht seine Sache gut, unter den so genannten Migranten hat er Eindruck hinterlassen: "Auch viele Menschen mit Migrationshintergrund sprechen mich an, dass sie das gut finden, was ich mache."

"Es gibt noch keine Migranten-Oberschicht"

Als bekannter Koch aus dem Fernsehen arbeitet Müller in einer Branche, die bis vor wenigen Jahren noch ohne Migranten auf Sendung gegangen ist. Dieser sichtbaren Grenze hat er durch sein Tun ein Ende gesetzt. Die Fremdwahrnehmung in der Gesellschaft scheint sich jedoch nur langsam zu ändern: "Wenn man farbig ist und ein gutes Auto fährt, denken gleich alle man sei Fußballer oder so etwas in die Richtung. Man kann nicht einfach nur Unternehmer sein." Laut Müller gäbe es noch keine "Migranten-Oberschicht". Der Hauben-Koch wünscht sich deshalb mehr Veränderungen in der Arbeits- und Medienwelt.

Keine Quote, sondern Können

Seit 2009 betreibt er in Essen im Ruhrgebiet sein eigenes Restaurant. Wenn man rein seine Arbeit betrachtet und alles andere ausblendet, sticht er gegenüber etlichen Köchen heraus. Dies Bescheinigen ihm auch zahlreiche Kochkritiker. Ihn auf seine Hautfarbe festzunageln wäre fahrlässig, falls es aber vorkommen sollte, hätte Müller bestimmt eine Antwort parat: "Wahrscheinlich kann ich mehr deutsche Gewohnheiten aufzählen, als manch anderer Deutscher." (Toumaj Khakpour, 16.12.2011, daStandard.at)