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Die Diskussion um ein reformiertes Presseförderungssystem ist auch ein Kampf um Fördervolumen. Laut Branchenvertretern reicht es in seiner derzeitigen Höhe nicht einmal für traditionelle Printmedien aus.

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Europaweit lotet die Politik derzeit neue Positionen aus, um die Fördermittel für Journalismus an die Realität der Internetökonomie anzupassen. Einzig Frankreich hat bisher mit bescheidenen Subventionen für Onlinenachrichten einen ersten Schritt aufs digitale Förderparkett gewagt. In Österreich hat das Bundeskanzleramt nun wie berichtet, die Studie zur Reform der Presseförderung veröffentlicht, in der auch die finanzielle Unterstützung von digitalen Nachrichtenangeboten thematisiert wird.

Kommunikationswissenschaftler und Studienautor Hannes Haas hat in einer Online-Befragung mit 58 österreichischen Medienvertretern festgestellt, dass die Meinungen zur Inkludierung von Onlinemedien in ein reformiertes Presseförderungssystem durchaus gespalten sind. Während ein Teil der Befragten sich explizit für geförderte Onlineangebote aussprach, befand eine zahlenmäßig vergleichbare Gruppe diese für nicht notwendig.

Förderung als Vielfaltssicherung

STANDARD-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann äußerte sich im Studieninterview eher ablehnend: Zwar sei "der Gedanke der Onlineförderung reizvoll", doch ein Onlinemedium habe anders als Print "so geringe Eintrittskosten, dass ich sage, die müssen sich halt dann am Markt bewähren". Bergmann weiter: "Wir werden mittelfristig, meines Erachtens, im Onlinebereich nicht das Problem haben, dass es keine Vielfalt gibt. Im Printbereich ja. Und die Ausnützung einer Monopolsituation, von Vertriebswegen bis sonst wohin, ist im Printbereich dramatisch. Im Onlinebereich sehe ich sie nicht."

Als Gegenpol zur Ablehnung, die ein Drittel der Medienvertreter zum Ausdruck bringt, sprechen sich 40 Prozent für eine Öffnung des Systems aus. Neben Onlineablegern von traditionellen Medien sollten ihrer Meinung nach auch reine Onlineangebote unter bestimmten Qualitätsvorgaben Anspruch auf finanzielle Unterstützung haben.

Definitionsproblem "Qualität"

Dafür müsste der geltende Kriterienkatalog aus "Periodizität, Universalität, Aktualität, Relevanz, Verständlichkeit, Neutralität und Richtigkeit der Inhalte" um Qualitätsmerkmale für Online ergänzt werden. Laut Expertenmeinung könnten die Faktoren "Scannability und Hypertextualität, Navigation, Orientierungshilfen, Suchoptionen, Service- und Archivangebote, Interaktivität und Multimedialität" die digitalen Eigenheiten abdecken. Die zentrale Schwierigkeit, in der "Masse an Internetangeboten die tatsächlich journalistischen Leistungen" zu identifizieren, bliebe allerdings bestehen.

Die Reform der Presseförderung solle sich jedoch nicht durch Definitionsprobleme aufhalten lassen, betont Haas in der Studie. Verständlich, wenn man die angeführten Statistiken zum österreichischen Internetkonsum (AIM 1. Quartal 2012) betrachtet. Demnach waren 2012 bereits mehr als zwei Drittel der Bevölkerung regelmäßig online, die Hauptbeschäftigung bestand nach dem Erledigen des E-Mails-Verkehrs im Konsum von Nachrichten und Informationen.

Transparenz als Online-Plus

Die Studie geht neben dem Konsumverhalten auch auf die veränderten Arbeitsbedingungen für Redakteure im digitalen Produktionsprozess ein. So habe sich das Netz als wichtiges Recherchetool und Inspirationsquelle für Journalisten etabliert, etwa durch die Einbindung von weiterführenden Links und Rohmaterial, was wiederum die Etablierung neuer Transparenzmodelle erleichtern könnte.

Weitere Vorteile verortet Haas in der Aufhebung der Anonymität von Journalisten, der leichten Kontaktaufnahme mit dem Publikum, der schnelleren Korrektur journalistischer Fehler und der aktiven Einbeziehung der Nutzer in Arbeitsprozesse.

Status quo in Österreich

Um ein Bild des derzeitigen Entwicklungsstandes zu zeichnen, hat Haas die größten digitalen Nachrichtenportale des Landes auf ihren Einsatz von multimedialen und interaktiven Strategien untersucht.

Besonders bei der Recherchequalität ließen sich in Stichproben Unterschiede ausmachen: "Bei den Onlineangeboten weist derStandard.at mit einem Drittel (33 Prozent) den höchsten Anteil an Beiträgen mit hoher Eigenrecherche auf, austria.com (2 Prozent) den geringsten, während orf.at (21 Prozent) und krone.at (14 Prozent) im Mittelfeld liegen." Die Zweitverwertung von Printartikeln, die am häufigsten bei derStandard.at und krone.at diagnostiziert wurde, kann laut Haas als "Erweiterung und interaktive Ergänzung" für den Leser gewertet werden kann.

Bei der Einbindung multimedialer Berichterstattung stellt die Studie dem österreichischen Markt kein gutes Zeugnis aus: "Lediglich das Angebot der 'Kronen Zeitung' bietet in einem Fünftel der Beiträge (20 Prozent) ein Video zum Bericht an. Podcasts werden nur auf orf.at bei 3 Prozent der Beiträge und bei krone.at in 1 Prozent der Beiträge eingesetzt und spielen somit kaum noch eine Rolle." Nur die Möglichkeit zur "Verlinkung mit weiterführenden Beiträgen und Informationen wird von allen analysierten Onlineangeboten relativ häufig wahrgenommen".

Subventions-Befürworter

Generell würden die untersuchten Informationsangebote im Internet eine ähnliche Segmentierung wie in klassischen Printmedien aufweisen, die technischen Möglichkeiten der Onlineberichterstattung würden noch nicht voll ausgeschöpft. Die Argumentation der Online-Förderungsbefürworter orientiert sich denn auch mehr an zukünftigen Herausforderungen.

So gibt Helmut Hanusch, Geschäftsführer von "News", im Studieninterview zu Protokoll: "Medienförderung im Onlinebereich ist im Interesse der meisten oder aller Medienhäuser verlegerischer Herkunft. Wir sind alle auf diesem elektronischen Weg." "NÖN"-Geschäftsführer Harald Knabl spezifiziert in seinem Beitrag das generelle Bekenntnis auf "jene Portale, die auch tatsächlich Inhalte transferieren, nämlich journalistische Inhalte". Im weiteren Verlauf bezweifelt er, dass aufgrund der angewöhnten Gratiskultur wirkliche Nachrichtengebung ohne Subventionierung funktionieren wird.

Von "Sanft" bis "Äußerst weitreichend"

Haas zeigt abschließend an den Modellen der sanften, weitreichenden, sehr weitreichenden und äußerst weitreichenden Förderung, wie weit eine Reform, abhängig vom finanziellen und politischen Willen, gehen könnte.

  • Bei der sanften Variante bleibt das derzeitige System bestehen, einzig die Förderbeträge werden erhöht.
  • Bei einer weitreichenden Medienförderung würde die Vertriebsförderung für Print wegfallen und die Fördersäule "Neue Medien" eingeführt werden. Im Mittelpunkt der Maßnahmen würden Qualitätsförderung und Zukunftssicherung stehen.
  • Bei der sehr weitreichenden Journalismusförderung würden bisherige Strukturen abgebaut und Subventionen wären im Rahmen eines jährlichen Prüfverfahrens plattformunabhängig an Qualitätskriterien, Redaktionen und journalistische Arbeitsbedingungen gebunden.
  • Von der äußerst weitreichenden Variante, die eine ersatzlose Streichung der Bundespresseförderung zur Folge hätte, rät Haas ab.

Sinnvolle Online-Maßnahmen

Die Konklusion zur Online-Frage lautet denn wie folgt: "Faktum ist, dass mittels des Onlineauftritts von Tageszeitungen zusätzliche Leserschichten erreicht werden. (...) Presseförderung unterstützt vor allem die Erhaltung des Status quo, hilft jedoch wenig bei der Adaptierung der Zeitungshäuser an veränderte wirtschaftliche, technologische und soziale Rahmenbedingungen. Gezielte Fördermaßnahmen zur Modernisierung könnten dieses Problem lösen, wobei hier nicht in erster Linie technologische Neuerungen angesprochen sind, sondern vor allem gezielte Förderungen zum verbesserten Einsatz und der gezielten Anwendung neuer kommunikationstechnologischer Möglichkeiten innerhalb der Redaktionsarbeit beziehungsweise Berichterstattung vorgenommen werden sollten." (Tatjana Rauth, derStandard.at, 27.2.2013)