"Milestone" von der IC Projektentwicklung GmbH ist ein freifinanziertes Studentenheim in der Nähe der neuen Wirtschaftsuniversität Wien. Ein 24 m² großes Zimmer mit "Kitchenette", Designerbad und Schreibtisch kostet hier 550 Euro im Monat.

Foto: Milestone GmbH/Stefan Laub

Passivhaus-Projekt "Young Corner Flatshare" von KallCo, geplant von Treberspurg & Partner, errichtet im 2. Bezirk: 410 Euro pro Monat für 12 Quadratmeter in einer Fünfer-WG mit gemeinschaftlichen Nassräumen und jeweils einem "Salon".

Bild: KallCo

Studentenwohnungen und Garçonnièren, Wohngemeinschaften und Single-Appartements: Kleinstwohnungen für Studierende, Lehrlinge, Singles oder ausländische Kurzzeit-Facharbeiter sprießen in Wien derzeit nur so aus dem Boden. Und diese haben neben stylischen Namen wie "Milestone", "Sun Quarter" oder "Base 11" meist auch sehr stolze Preise: 20 Euro je Quadratmeter oder sogar mehr sind keine Seltenheit.

Für Bauträger klingt all das nach einem sehr guten Geschäft. Und es dürfte noch länger anhalten, denn eines ist sicher: Die Nachfrage nach diesen Wohnungen ist und bleibt groß.

Fünf Bewohner, ein "Salon"

Das bestätigt auch Winfried Kallinger, der mit seiner Firma KallCo gerade zwei solche Heim-(ähnliche) Projekte umgesetzt hat: "Young Corner Flatshare" im 2. Bezirk und "Sun Quarter" im 10. Bezirk. Bei "Young Corner" handelt es sich um Wohngemeinschaften für jeweils fünf Bewohner, wovon jeder sein eigenes Zimmer hat und diverse weitere Räume wie den "Salon" und natürlich die Nassräume gemeinsam mit den anderen WG-Kollegen benützen kann.

Jeder Zimmer-Mieter hat seinen eigenen Nutzungsvertrag – ein Vorteil gegenüber einer "normalen" WG in einer Altbauwohnung, wo es einen Haupt- und mehrere Untermieter gibt. Steht ein Zimmer in einer 5er-WG leer, wird dieses freilich abgesperrt – "sonst haben wir ein Aneignungsproblem. Da taucht plötzlich ein Mitschläfer auf, der nichts zahlt. Das geht natürlich nicht."

Mehr Privatsphäre, mehr Ruhe

Beim "Sun Quarter" handelt es sich wiederum um Garçonnièren, die möbliert vermietet werden und temporärem Mietbedarf dienen. Dieses Projekt wird unweit des Neubauviertels beim Hauptbahnhof ("Sonnwendviertel") realisiert – aus gutem Grund: "Es gibt dort eine Konzentration an wirtschaftlichen Projekten, etwa den 'Erste Campus'. Da wird es immer wieder Leute geben, die nach Wien kommen und Wohnbedarf zum Beispiel für ein Jahr haben, die aber nicht ins Studentenheim wollen, weil sie keine Studenten sind, und auch nicht in eine WG, weil sie mehr Privatsphäre wollen."

Arbeitsräume können hier je nach Bedarf dazugemietet werden, etwa von Lehrern, "die hier in aller Ruhe ihre Schularbeiten verbessern können". Gerechnet wird mit einer durchschnittlichen Mietdauer von einem Jahr, es kann aber jederzeit zu gleichen Konditionen verlängert werden.

Keine Mietobergrenzen

Förderungsrechtlich sind diese Gebäude als Wohnheim konzipiert. Dies zum einen deshalb, weil geförderte Wohnungen normalerweise an einen ordentlichen Dauerwohnsitz gebunden sind. "Das ist dort aber nicht der Zweck", so Kallinger.

Zum anderen sind Heimprojekte nicht an Mietzinsobergrenzen gebunden – sie fallen nicht unter das Mietrechtsgesetz (MRG). Einen Freibrief zum Verlangen hoher Mieten sieht Kallinger darin aber nicht: "Das sind alles Wettbewerbsprojekte. Man muss schon im Wettbewerb die genauen Konditionen bekanntgeben, diese werden dann sehr wohl auf eine im Sinn der Förderung vorhandene oder nicht vorhandene Angemessenheit überprüft."

All-In-Mieten

In den oft recht hoch wirkenden Kosten von jenseits der 20 Euro je Quadratmeter (nach der reinen Zimmerfläche, ohne Gemeinschaftsflächen gerechnet) seien eben auch die Kosten für die Möblierung und die eigene WC-Einheit inkludiert, außerdem Fernsehen, Internet, Heizung, sämtliche weiteren Betriebskosten wie Reinigung, und auch die Küche und das Geschirr. "Jeder Teller ist da dabei."

Angesichts dieser "All-In-Mieten" seien diese Projekte ohnehin meist wirtschaftlich knapp kalkuliert, so Kallinger. "Die Leute gehen ja leider mit der Möblierung eher locker um, man muss da höhere Wiederherstellungskosten mitkalkulieren."

Preisdruck steigt

Und ohnehin gelte: Je weniger Wohneinheiten, desto schwieriger wird die Bewirtschaftung eines solchen Projekts. Grundsätzlich gilt eine Größe ab 200 Einheiten als leicht zu bewirtschaften, alles darunter als schwierig. Derzeit baut Kallinger für die Wien Holding das Studentenheim "Base 11" in Simmering. "Damit sind wir in der Niedrigpreisschiene. Ein Heimplatz kostet dort rund 340 Euro."

Für Marktbeobachter hat der aktuelle Heim-Boom natürlich auch noch einen anderen Grund. Im Jahr 2010 wurde die Bundesförderung für Studentenheime gestrichen. Private Anbieter wie das freifinanzierte Projekt "Milestone" in der Nähe der neuen Wirtschaftsuniversität nutzten diese Chance, für sie ist der Wegfall der Bundesfördeung durchaus positiv. Der Preisdruck nimmt damit noch stärker zu, die Unterschiede zwischen den geförderten und den freifinanzierten Heimprojekten zerfließen dadurch.

Ausstellung zum Heim-Wesen

Mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Wiener Studentenheime beschäftigt sich gerade eine kleine, feine Ausstellung der Studienrichtung Architektur der TU Wien. Im "Ausstellungsraum" in der Gumpendorfer Straße 23 wird hier sehr anschaulich gezeigt, wie die Studierendenwohnhäuser (von denen die allerersten "Bursen" genannt wurden) zunächst in der Nähe der Unis entstanden, sich später aber durch den Bau der U-Bahn in der ganzen Stadt verteilten. Voraussetzung dafür war aber eine U-Bahn-Station in der Nähe, denn schon immer war die Lage das wichtigste Kriterium.

Nicht geändert hat sich die Größe der Zimmer: Meistens sind es zwölf bis 15 Quadratmeter, die den Studierenden als privates Refugium zur Verfügung stehen – damals wie heute. Ab den 1970er-Jahren, als der neue offene Hochschulzugang massenhaft Studentenheimplätze nötig machte, setzte man dabei auf "Schlauch"-Lösungen: Lange dunkle Gänge, darin aufgefädelt die Türen zu den kleinen Zimmern, die damals oft auch noch Zweier-Zimmer waren.

Kein "Duplex" mehr

Später war die Duplex- bzw. Triplex-Variante, also eine Verbundlösung aus zwei oder drei Zimmern mit gemeinsamem Vorraum inklusive Küche, sehr beliebt. Die ist mittlerweile aber wieder auf dem Rückzug, wie die Initiatorinnen der Ausstellung, Marina Döring-Williams und Elisabeth Wernig, erklären. "Die ganz neuen Heime haben wieder Einzelzimmer mit sehr viel Gemeinschaftsflächen."

Gerade an Letzteren seien die größten Veränderungen im Lauf der Zeit sichtbar: Einst stiefmütterlich behandelt, sind Wohnzimmer bzw. "Salons", große Küchen (und oft auch zusätzlich noch kleine Teeküchen in den Zimmern), Freiflächen, Sport- und Freizeiträume heute die Aushängeschilder der neuen Heime.

Trend zur Differenzierung

Und das wird auch künftig so sein, zumindest wenn es nach Einschätzung der wichtigsten Marktplayer geht. Diese hat TU-Student Gabriel Schuh für eine Seminararbeit bei Professorin Döring-Williams nach aktuellen Markttrends befragt. Fünf bis zehn Jahre sollte demnach die große Nachfrage nach Heimplätzen in Wien noch anhalten, wobei vor allem der Zuzug an ausländischen Studierenden überproportional stark eingeschätzt wird.

An Gemeinschaftsräumen könnte der gute alte "Lernraum" künftig wieder gefragter werden, außerdem könnte es künftig auch mehr Wellness- und Sport-Facilities geben. Partyräume waren ohnehin stets beliebt und werden dies auch künftig sein.

Und allgemein wird mit einer weiteren Differenzierung des Markts gerechnet: Hier die High-End-Variante mit sämtlichen Freizeitmöglichkeiten und höchster Ausstattungsqualität (und Preisen mit weit über 500 Euro je Zimmer), dort die verhältnismäßig "günstigen" Angebote um rund 300 Euro, mit mehr Gemeinschaftssinn, aber auch Rückzugsmöglichkeiten, wenn man sie braucht. (Martin Putschögl, derStandard.at, 26.5.2013)