Diese Woche fand im Kloster Volkenroda in Thüringen das Sym­posium "Baukultur in ländlichen Räumen" statt. Das Setting hätte nicht besser sein können. Rund hundert Architekten, Bürgermeister und Entscheidungsträger aus Österreich und Deutschland tuckerten durch Wiesen und Felder und fanden sich schließlich mitten im dünnbesiedelten Nirgendwo ein, um über die Zukunft ländlichen Bauens zu diskutieren. Konsens aller Teilnehmer: Kaff-Architektur hat durchaus Potenzial – und regionale Raumplanung sowieso.

"In Großstädten und Ballungsräumen gehört hochwertige Ar­chitektur längst zum Alltag", sagt Roland Gruber, Initiator und ­Vorstandsvorsitzender des 1999 gegründeten Vereins LandLuft. "Doch niemand kümmert sich um die Baukultur auf dem Land. Dabei gibt es bei genauerem Hinsehen viele Gemeinden, die mit unglaublichem Elan Unmögliches vollbringen."

Neun Gemeinden im Fokus

Im Rahmen eines vom deutschen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung geförderten Forschungsprojekts nahm LandLuft neun außergewöhnliche Gemeinden unter die Lupe. Das kleine Lüchow ist eine davon. Neben Baiersbronn, Burbach, Leiferde und Baruth/Mark sind es vor allem die folgenden vier Ortschaften, die als Beweismittel mentaler Möglichkeiten verstanden werden mögen:

Bürgerbeteiligung und regelmäßig stattfindende Architekturmessen sind in Biberach an der Riß mittlerweile fester Bestandteil der Gemeindepolitik. Der Gestaltungsbeirat, der über alle Neubauprojekte im Stadtkern mitbestimmt, tagt öffentlich. Derzeit findet ein Wettbewerb für ein Jugendhaus statt, an dem sich die Jugendlichen mit ihrer Stimme beteiligen können.

Weyarn in Bayern hat für Bürgerbeteiligungen ein fixes Jahresbudget von 100.000 Euro. Die größte Errungenschaft ist das seit 1992 praktizierte Erbbaurecht, bei dem das Grundstück nicht gekauft, sondern für 149 Jahre gepachtet wird. Das entlastet vor allem junge Familien, die auf diese Weise mehr Geld für Alltagsleben und hochwertiges Bauen haben.

Die schrumpfende Stadt Luckenwalde setzt auf die Wiederbelebung historischer Architekturjuwele und ist Weltmeisterin im Lu­krieren von Förderungen, um den Stadtgrundriss an die neuen demografischen Gegebenheiten anzupassen.

Und Volkenroda war zu DDR-Zeiten eine lebens­gefährliche Bauruine. Nach jahrelangem Engagement von Bürgern und Architekten zählt die re­vitalisierte Klosteranlage, in der auch das zweitägige Baukultur-Sym­posium stattfand, heute zu den beliebtesten Seminarstätten Deutschlands. (woj, DER STANDARD, 25./26.5.2013)